Handarbeit pur: So funktioniert Alex Zanardis BMW M4 DTM

Motorsport | 8.08.2018 von 0

Das Lenkrad spielt in jedem Rennwagen eine außerordentlich wichtige Rolle, aber im Vergleich zum BMW M4 DTM von Alex Zanardi ist das Lenkrad anderer Rennwagen …

Das Lenkrad spielt in jedem Rennwagen eine außerordentlich wichtige Rolle, aber im Vergleich zum BMW M4 DTM von Alex Zanardi ist das Lenkrad anderer Rennwagen geradezu profan. Für den Gaststart bei der DTM in Misano wurde der Rennwagen für den Italiener komplett umgebaut, damit er auch ohne Pedalerie bedient werden kann. Die Umbauten sind darauf ausgelegt, dass Zanardi den M4 auch ohne Bein-Prothesen am Limit bewegen kann.

Die größte Änderung zu früheren Umbauten für den BMW Markenbotschafter betrifft die Bremse, denn im BMW M4 DTM wird Zanardi auch die Bremskraft mit den Händen regeln. Das neue Hand-Bremssystem erfordert deutlich weniger Kraftaufwand als die bisherige Lösung mit fixierter Beinprothese und ist daher besser dosierbar. Aber es ist nur eine von fünf großen Funktionen, die Zanardi mit den Händen steuert: Natürlich muss Zanardi in Misano auch Gas geben, kuppeln, schalten – und nicht zuletzt lenken!

Funktion 1: Das Hand-Bremssystem

Bei seinem DTM-Gaststart in Misano steht Zanardi zum ersten Mal ein neu entwickeltes Handbremssystem zur Verfügung. Es löst die Kombination aus Bremspedal mit daran fixierter Beinprothese ab, mit der Zanardi bei seinen bisherigen Einsätzen in BMW Rennfahrzeugen gebremst hat. Vorteil des neuen Systems ist, dass es weniger Kraftaufwand erfordert und somit deutlich leichter zu handhaben ist.

Der Bremshebel befindet sich rechts neben dem Fahrer im Bereich der Mittelkonsole. Die Bremsleitungen wurden verlängert und vom Fußraum dorthin verlegt, wodurch die Pedalbox mit Gas-, Brems- und Kupplungspedal wegfällt. Der Fußraum in Zanardis BMW M4 DTM ist leer. Die Größe der Bremszylinder wurde leicht angepasst, damit Zanardi mit der Hand nicht genauso viel Druck aufbringen muss wie ein gewöhnlicher DTM-Fahrer mit dem Fuß, um die erforderliche Bremswirkung zu erzielen. Drückt ein gewöhnlicher Fahrer 100 bis 120 Kilogramm, reichen bei Zanardi maximal 70 Kilogramm aus. Neben der Größe der Bremszylinder erleichtert auch die bessere Hebelwirkung des Handbremshebels den Bremsvorgang.

Damit das neue System funktioniert, haben die BMW Motorsport Ingenieure die Funktionsweise der Bremszylinder umgekehrt. Während das Bremspedal in einem normalen BMW M4 DTM Zugkraft auf den Bremszylinder ausübt, erzeugt der Handbremshebel in Zanardis Fahrzeug Druck auf den Zylinder.

Wie in jedem anderen BMW M4 DTM gibt es auch in Zanardis Fahrzeug eine Feststellbremse, die dazu genutzt wird, um für einen möglichst schnellen Start Vorspannung aufzubauen. Zanardi kann diese Feststellbremse wie all seine BMW Fahrerkollegen über einen Knopf am Lenkrad betätigen. Er hat aber zusätzlich die Möglichkeit, sie über einen Hebel an seiner Handbremse mechanisch festzustellen und wieder zu lösen. Außerdem kann er damit das Fahrzeug gegen Wegrollen sichern.

Funktion 2: Die Fliehkraftkupplung

In einem gewöhnlichen DTM-Fahrzeug nutzen die Fahrer für den Rennstart und das Anfahren aus der Box oder den Boxenstopp eine hydraulische Kupplung. In Zanardis Fahrzeug kommt dagegen eine vollautomatische Fliehkraftkupplung zum Einsatz. Diese öffnet und schließt bei bestimmten Drehzahlen automatisch und muss nicht mehr vom Fahrer betätigt werden. Die passenden Drehzahlen werden von den BMW Motorsport Ingenieuren in akribischer Abstimmungsarbeit festgelegt. Für Zanardi hat das System den großen Vorteil, dass er mit einer seiner beiden Hände nicht auch noch einen Kupplungshebel bedienen muss.

Erste Tests mit der Fliehkraftkupplung verliefen sehr positiv. Sowohl das langsame Anfahren aus der Garage klappt problemlos als auch das schnelle Losfahren am Start oder nach einem Boxenstopp. Der Sprint von 0 auf 100 km/h ist mit der Fliehkraftbremse vergleichbar schnell wie mit dem herkömmlichen System.

Funktion 3: Die Schaltung

Grundsätzlich kann Zanardi die Gänge im BMW M4 DTM genauso über die Schaltwippen am Lenkrad wechseln wie seine Fahrerkollegen. Dazu ist in keinem modernen DTM-Fahrzeug das Betätigen einer Kupplung mehr erforderlich. Zum Hochschalten der Gänge nutzt Zanardi wie alle anderen Fahrer die Schaltwippe auf der rechten Seite des Lenkrads.

Runterschalten kann er bei Bedarf ebenfalls ganz normal an der entsprechenden Schaltwippe. Da dieser Vorgang allerdings in der Regel mit einer Bremsung verbunden ist, für die er die rechte Hand benötigt, kann Zanardi zudem über eine Schaltwippe am Kopf des Bremshebels durch die Gänge herunterschalten.

Funktion 4: Der Gasring

Das System, mit dem Zanardi im BMW M4 DTM Gas gibt, wurde aus den GT-Fahrzeugen, die zuvor für ihn umgebaut worden waren, übernommen. Die Beschleunigung erfolgt über das Ziehen mit den Fingern an einem Gasring auf der Rückseite des Lenkrads. Der durchgehende Ring kann mit beiden Händen bedient werden oder nur mit links oder rechts. Das spielt für das Funktionieren des Systems keine Rolle. Der Gasring wird über die gleichen Sensoren gesteuert wie das normale Gaspedal.

Funktion 5: Das Lenkrad

Das Lenkrad inklusive des Gasrings ist im Prinzip das gleiche, das in den GT-Fahrzeugen, die Zanardi bereits gefahren ist, eingesetzt wurde. Für das DTM-Gastspiel wurde lediglich die Belegung der Knöpfe angepasst. Es kam zum Beispiel ein DRS-Knopf hinzu, dafür haben die Drehknöpfe im unteren Bereich, über die im GT-Fahrzeug Fahrhilfen wie ABS eingestellt werden, im BMW M4 DTM keine Funktion.

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