BMW M3 DTM E30: Wenn aus Arbeit Freude am Fahren wird

BMW M3, Fahrberichte | 7.10.2016 von 1

Besondere Momente erfordern intensive Vorbereitung – Aber wie bereitet man sich auf eine Fahrt mit der Tourenwagen-Legende BMW M3 DTM E30 vor?

Spätestens, wenn man vor dem Einsteigen in die Umkleide geschickt wird, realisiert man die einmalige Situation. Nein, bei dieser Fahrt geht es nicht um die üblichen Parameter des Autofahrens. Denn was nach dem Umziehen auf dem Gelände der BMW Driving Experience in Maisach auf uns wartet, ist nichts weniger als eine Legende des Motorsports: Der BMW M3 DTM Gruppe A aus der Saison 1987 begründete die Ära des erfolgreichsten Renn-Tourenwagens aller Zeiten und verkörpert in Reinkultur, was den BMW M3 in den letzten 30 Jahren für Generationen von Autofahrern zum absoluten Traumwagen gemacht hat.

Der Motorsport war dabei stets mehr als ein Marketing-motivierter Deckmantel, stattdessen lieferte er die Grundlage für die reale Freude am Fahren zehntausender M3-Kunden. Denn um in der DTM antreten zu dürfen, musste zunächst ein entsprechendes Homologationsfahrzeug auf die Straße gebracht werden. Diese Regel sorgte für eine extreme Nähe zwischen Rennwagen und Serienfahrzeug, aber der Unterschied könnte dennoch kaum überwältigender sein.

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BMW M3 DTM E30: Harte Arbeit am Steuer einer Legende

Nachdem der Einstieg gemeistert, der eng umschließende Schalensitz eingestellt und der Gurt angelegt ist, muss man sich zunächst mit der Technik vertraut machen. Das manuelle Getriebe des Rennwagens hat den ersten Gang unten links und folglich ein Schaltschema, das man aus heutigen Autos absolut nicht gewohnt ist. Beim Herunterschalten ist Zwischengas Pflicht, anderenfalls blockieren die Hinterräder und könnten den BMW M3 DTM in einen Dreher zwingen – ein Szenario, das man angesichts des automobilen Kulturguts in den eigenen Händen um jeden Preis vermeiden möchte. Auch ein klassisches Zündschloss sucht man im DTM-M3 vergebens, stattdessen wird der Hauptschalter der Batterie umgelegt und im Anschluss auf einen kleinen roten Startknopf gedrückt.

Am Arbeitswillen des Vierzylinders gibt es von diesem Moment an keinen Zweifel mehr, denn der von allen überflüssigen Dämmungen befreite und natürlich mit einer extrem Staudruck-reduzierten Abgasanlage für den Motorsport-Einsatz optimierte BMW M3 DTM E30 hinterlässt schon im Standgas mächtig Eindruck. Und das gilt, obwohl das Fahrzeug heute aus Lärmschutz-Gründen nicht mit der ursprünglichen und noch deutlich lauteren Abgasanlage an den Start gehen kann.

Das erste Anfahren gestaltet sich erstaunlich einfach, auf die bei vielen Rennwagen üblichen Starallüren verzichtet der M3 völlig. Und dann rollt man hinter Martin Tomczyk, der im BMW M4 DTM Safety Car Linie und Pace vorgibt – und kann kaum glauben, wirklich am Steuer dieses Fahrzeugs zu sitzen, das auf Postern unzählige Wände geziert hat und auch viele Jahre nach seinem letzten DTM-Rennen absolut unvergessen ist.

Und während Martin Tomczyk ein paar Meter vor uns auf einer riesigen Drehmoment-Welle surft, verhungern wir am ersten Kurvenausgang gnadenlos im zweiten Gang: Wer nie einen echten Rennmotor bewegt hat, kann die Spezialisierung dieser Triebwerke auf ein bestimmtes Arbeitsfenster nur ansatzweise nachvollziehen. Denn natürlich hat auch jeder Serienmotor Drehzahlbereiche, in denen er mehr oder weniger Schub bietet. Aber im Vergleich mit dem hochgezüchteten Vierzylinder des DTM-M3, intern bekannt als S14, sind alle Klagen über zu wenig Kraft im unteren Drehzahlbereich geradezu lächerlich: Zeigt die Nadel des Drehzahlmessers weniger als 6.000 Umdrehungen an, produziert das Triebwerk in erster Linie Lärm und Vibrationen. Wer jetzt nicht in den ersten Gang wechselt, braucht Geduld: quälend langsam nähert sich die Nadel des Drehzahlmessers der kleinen weißen 6 – um dann förmlich zu explodieren. Von einem Moment auf den anderen glaubt man, einen völlig anderen Motor unter der Haube zu haben. Aus dem stoischen Grummeln wird wie auf Knopfdruck ein aggressives Kreischen, das nicht nur die Nackenhaare aufstellt und geradezu süchtig nach immer höheren Drehzahlen macht.

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Natürlich verändert sich neben dem plötzlich infernalischen Klang auch die restliche Charakteristik des Rennmotors, denn von nun an schiebt der Vierzylinder mächtig an und jagt den leichten Tourenwagen mit famosem Druck auf den ersten Bremspunkt zu. Hier wartet ein Pedalgefühl auf uns, das die Dosierung der Bremskraft zu einer echten Herausforderung macht: gefühlt liegen nur wenige Millimeter Pedalweg zwischen leichtem Bremsen und blockierenden Reifen. Der heftige Gegendruck des Pedals muss also mit Gefühl überwunden werden – was bei einer lockeren Fahrt in Maisach früher oder später funktioniert, aber gleichzeitig größten Respekt vor den DTM-Rennfahrern aufkommen lässt. Denn mit einem aggressiven Kontrahenten im Rückspiegel oder gar neben dem eigenen Auto wird die optimale Bremsdosierung beim Anfahren der nächsten Kurve mit Sicherheit nich einfacher. Im gleichen Atemzug muss der Motor bei Laune gehalten werden, was die nächsten Gangwechsel mit dem ungewohnten Schaltschema erfordert – und dabei das Zwischengas nicht vergessen!

Ins Schwitzen kommt man unter dem Dach des BMW M3 DTM also nicht nur wegen der Kombination aus eingeschränkter Klimatisierung, Rennanzug und Helm, auch das Fahren selbst ist echte Arbeit und erfordert permanent volle Konzentration. Dass wir die Drehzahlen aus Rücksicht auf den historischen Motor nicht über 8.000 Umdrehungen treiben dürfen, trübt das Erlebnis nicht im geringsten: Auch ohne die im Renneinsatz gefahrenen Drehzahlen und die daraus resultierende Spitzenleistung bleibt die Fahrt in einem historischen Rennwagen absolut unvergesslich. Ob dabei nun 250, 280 oder doch knapp über 300 PS zur Verfügung stehen? Nichts könnte in Momenten wie diesen egaler sein.

Und wenn man unter der Flut von Aufgaben, Eindrücken und Emotionen doch etwas schneller als ursprünglich geplant in die nächste Kurve geht, sorgen Rennfahrwerk und Slick-Bereifung für beeindruckende Stabilität und schaffen schnell ein Vertrauen, das große Lust auf eine ausgiebigere Fahrt mit diesem ganz besonderen M3 E30 macht. Das querdynamische Potenzial des BMW M3 DTM auf drei kurzen Runden in Maisach ausloten zu wollen, wäre nüchtern betrachtet irgendetwas zwischen vermessen und respektlos gewesen. Ohne uns ernsthaft an den Grenzbereich zu wagen, genießen wir stattdessen die Fahrt mit einem der Urväter des weltweiten M3-Erfolgs.

Denn auch wenn den Piloten von einst die besondere Eignung des BMW M3 DTM E30 schnell klar geworden ist: Auf die kommenden Erfolge der Serienmodelle in den folgenden drei Jahrzehnten hätte damals niemand zu hoffen gewagt. Und diese sind es schließlich, die die Faszination BMW M3 tagtäglich in die Welt tragen und unzählige Augen großer und kleiner Kinder immer wieder zum Glänzen bringen, wenn sich in ihrem Lack die mit viel Schweiß und echter Arbeit im Cockpit errungenen Motorsport-Erfolge der Rennversionen spiegeln.

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