CLAR 2025: Zipse kündigt neue BMW Cluster-Architektur an

BMW i, News | 4.11.2020 von 4

Der Begriff Cluster-Architektur und seine Abkürzung CLAR sind bei BMW-Kennern seit Jahren feste Größen. Die hochflexible Architektur ist an die Stelle klassischer Auto-Plattformen getreten und …

Der Begriff Cluster-Architektur und seine Abkürzung CLAR sind bei BMW-Kennern seit Jahren feste Größen. Die hochflexible Architektur ist an die Stelle klassischer Auto-Plattformen getreten und ist daher für eine Vielzahl unterschiedlichster Baureihen nutzbar – vom kompakt-dynamischen 2er Coupé bis hin zum luxuriösen XXL-SUV X7. In seiner Rede zur Vorstellung der wichtigsten Zahlen für Q3 2020 hat BMW-Chef Oliver Zipse nun die nächste Generation der Cluster-Architektur angekündigt: Ab 2025 soll die neue Basis für zahlreiche Modelle in Ungarn gebaut werden. Bei der Konstruktion wurde noch mehr Rücksicht auf die Erfordernisse der Elektromobilität genommen als bisher.

Einem grundlegenden Strategie-Schwenk entspricht die Ankündigung nicht, auch wenn diese Interpretation mancherorts zu lesen ist. Die neue Cluster-Architektur passt exakt in die von Oliver Zipse seit langem verfolgte Strategie der “Power of Choice”: Jedes Modell, bei dem die Verantwortlichen entsprechende Nachfrage erwarten, kann sowohl mit konventionellem Antrieb als auch in Form eines Plug-in-Hybriden oder Elektroautos gebaut werden. Anders als andere Autobauer setzt die BMW Group weiterhin nicht auf eine eigenständige Elektro-Plattform sondern auf eine Architektur, die sich für alle Antriebe gleichermaßen eignet.

Kein Geheimnis ist, dass diese Strategie Kompromisse erfordert und es nicht ermöglicht, das Optimum für jedes Antriebskonzept zu bieten: Wer Rücksicht auf einen möglichen Elektroantrieb nimmt, muss die Architektur anders gestalten als bei einem nur für Verbrennungsmotoren gedachten Konzept – und umgekehrt. Während der Schwerpunkt der aktuellen BMW-CLAR auf den Verbrennern liegt und die Integration elektrifizierter Antriebe eher den Sonderfall als die Normalität darstellt, soll sich diese Priorisierung ab 2025 ändern: Im Fokus der Entwicklung steht fortan der Elektroantrieb, die notwendigen Kompromisse gehen also eher zu Lasten der konventionell angetriebenen Fahrzeuge als der Elektroautos.

Die neue Priorisierung zu Gunsten der Elektromobilität ist also keinesfalls ein Strategiewechsel oder eine große Schlagzeile, sie folgt vielmehr den zu erwartenden Anteilen an der Produktion: Waren Benziner und Diesel bisher klar dominierend, wird diese Rolle in Zukunft von Plug-in-Hybriden und Elektroautos eingenommen. Es ist nur folgerichtig, auch die neue Cluster-Architektur auf diesen Trend auszurichten und den Schwerpunkt auf elektrifizierte Antriebe zu legen.

Die vollständige Rede von Oliver Zipse im Wortlaut:

Guten Morgen, meine Damen und Herren!

Das Jahr 2020 steht ganz im Zeichen der weltweit hoch volatilen und sich erneut verschärfenden Corona-Pandemie mit den entsprechenden Folgen für die Wirtschaft und unser Leben.

Auf unerwartete Herausforderungen antworten wir flexibel und mit Augenmaß. Entscheidend ist und bleibt für uns die Langfristperspektive. Beides haben wir in den ersten drei Quartalen bewiesen:

  1. Wir nutzen gezielt und entschlossen die Potenziale für Wachstum und steuern das Unternehmen besonnen und gradlinig durch die Zeit der Corona-Pandemie. Im dritten Quartal haben wir unsere Leistungskraft demonstriert und das Unternehmen in einem schwierigen Umfeld auf Erfolgskurs gehalten. Es war das bisher absatzstärkste Quartal unserer Geschichte. Daher bestätigen wir unsere Guidance für das Geschäftsjahr 2020. Diese hatten wir zu einem frühen Zeitpunkt der Pandemie gegeben und seitdem nur ein einziges Mal angepasst. Das bedeutet: Wir haben die Lage trotz aller Unwägbarkeiten richtig eingeschätzt.
  2. Mit unseren strategischen Entscheidungen richten wir die BMW Group auf nachhaltige Mobilität aus. Das gilt für Produkte, Technologien und unsere Organisation.
    Gerade an sogenannten Tipping Points hat BMW schon oft einen Neuanfang eingeleitet. So setzen wir den BMW Weg auch in Zeiten des Umbruchs fort und bleiben zu jeder Zeit ein attraktiver, verlässlicher Partner für unsere Investoren. Mit unseren Produkten und Technologien sind wir für die nächsten Jahre bestens aufgestellt. Das wollen wir auch ab Mitte des Jahrzehnts sein, wenn sich die Bedingungen am Markt weiterentwickelt haben werden. Deswegen erarbeiten wir schon heute Lösungen für die Zeit nach 2025 und 2030. In unserer Branche ist das Timing maßgeblich, um die jeweiligen Möglichkeiten voll auszuschöpfen und gleichzeitig gezielt in die Zukunft investieren zu können.

Auf diese Punkte werde ich nun näher eingehen:

  1. Unsere Perspektive bis 2025.
  2. Unsere Perspektive ab der zweiten Hälfte des Jahrzehnts.

Zum ersten Punkt.

Unsere Modellpalette ist in allen Segmenten jung, attraktiv und vielfältig. Das überzeugt die Kunden. So konnten wir die regionalen Lockdowns abfedern und uns zum Teil gegenüber dem Vorjahr sogar steigern:

  • Im dritten Quartal haben wir 8,6 Prozent mehr Automobile und fast 21 Prozent mehr BMW Motorräder ausgeliefert als im gleichen Vorjahreszeitraum.
  • Per September gingen unsere Verkaufszahlen bei Automobilen nur um 12,5 Prozent zurück. Und wir haben unseren Weltmarktanteil in der Pandemie auf 3,2 Prozent gesteigert.

Der Blick auf die Märkte in den ersten neun Monaten zeigt ein heterogenes Bild:

  • In China hat sich die Erholung aus dem zweiten Quartal fortgesetzt. Per September stieg unser Absatz um 6,4 Prozent auf einen Bestwert.
  • In Europa dagegen waren unsere Auslieferungen um fast 20 Prozent rückläufig.
  • In den USA beträgt der Rückgang rund ein Viertel.

Gewinner in Pandemie-Zeiten sind neben unseren Modellen in der Luxusklasse vor allem unsere elektrifizierten Fahrzeuge. Man kann sagen: Hier haben die Umstände als Booster gewirkt – unterstützt durch politisch initiierte Maßnahmen in einigen Ländern.

Über 116.000 E-Fahrzeuge und Plug-in-Hybride haben wir per September ausgeliefert – ein neuer Höchstwert und ein deutlicher Zuwachs gegenüber dem Vorjahr um 20 Prozent. Dieser Trend zeigt sich im Oktober noch deutlicher. Schon heute sind wir weltweit in der absoluten Spitzengruppe der führenden Anbieter elektrifizierter Fahrzeuge fest etabliert.

Das Fundament dafür haben wir im Jahr 2013 gelegt mit dem vollelektrischen BMW i3. Unser project i war der Beginn von Phase I unserer Transformation zur nachhaltigen Mobilität – und ist eine Erfolgsgeschichte. Der i3 hat sich über 200.000 Mal verkauft. Es gibt nach wie vor kein Fahrzeug mit einem vergleichbaren 360-Grad-Ansatz und kein Fahrzeug mit einem längeren Lebenszyklus.

Insgesamt haben wir schon deutlich mehr als 600.000 elektrifizierte Fahrzeuge an Kunden weltweit ausgeliefert. Und genau jetzt, wenn die Nachfrage nach E‑Mobilität anzieht, starten wir Phase II unserer Transformation mit hoch innovativen Fahrzeugen:

  • Der MINI Cooper SE begeistert seit März rund 13.000 Kunden. Unser aktueller Auftragsbestand ist ähnlich hoch.
  • Der BMW iX3 kommt in diesen Tagen zu den Händlern. Ende September haben die Mitarbeiter im BBA Werk in Shenyang den Produktionsstart gefeiert. Damit hält die E-Mobilität Einzug in die äußerst beliebte X Familie. Der iX3 ist Wegbereiter für die BMW eDrive Technologie der fünften Generation.
  • 2021 kommt der BMW i4 aus dem Werk München mit bis zu 600 km elektrischer Reichweite.
  • 2021 folgt auch der iNEXT. Im Vorstand haben wir die Serienversion getestet. Ich bin sicher: Dieses Auto wird nicht nur begeistern, sondern auch viele überraschen: das Fahrgefühl einzigartig für E-Antriebe; ein völlig neuer Maßstab von digital und vernetzt; das Bediensystem revolutionär; das Interieur minimalistisch und absolut nutzerfreundlich; das Exterieur progressiv. Nächste Woche startet unsere #NEXTGen. Dann erfahren Sie mehr.
  • Weitere vollelektrische BMW Modelle sind der volumenstarke 5er und X1 sowie der 7er. Alle werden mit vier Antriebsarten verfügbar sein – Benziner, Diesel, Plug-in-Hybrid und vollelektrisch. Das nennen wir „Power of Choice“. Der Kunde wählt den Antrieb, der am besten zu seinen Bedürfnissen passt. Darum brauchen und nutzen wir flexible Architekturen für mehrere Antriebsarten. So decken wir effizient die Nachfrage nach Antriebsarten quer über alle Modellreihen und Segmente ab. Das ist nicht nur eine besondere Fähigkeit, sondern für uns auch ein Vorteil im Wettbewerb.

Unsere Elektro-Offensive umfasst alle Modellreihen. Und es kommt noch viel mehr: 2023 bieten wir 25 Modelle mit elektrifiziertem Antrieb an. Auch Plug-in-Hybride kommen sehr gut an. Sie sind eine wunderbare Möglichkeit, den Menschen den Elektroantrieb nahezubringen. Unsere Kunden sollen sich selbst für E-Mobilität entscheiden, weil sie die Vorteile sehen und schätzen.

Noch in diesem Monat erweitern wir das Plug-in-Hybrid Angebot beim BMW 5er von zwei auf fünf Modelle. Mehr PHEV-Varianten gibt es in keiner anderen Modellreihe.

Dank des richtigen Timings und der passenden Technologien erreichen wir trotz der Corona-Pandemie in diesem wie auch im nächsten Jahr das vorgegebene CO2-Ziel in Europa. Allein in diesem Jahr unterschreiten wir unseren Flottenwert aus dem Jahr 2019 um rund 20 Prozent. Auf künftige CO2-Ziele bereiten wir uns ebenso konsequent und zielgenau vor.

Ein Erfolgsgarant unserer Elektro-Offensive liegt ganz klar in unseren Werken. Wir bauen unser Produktionsnetzwerk für E-Mobilität und die entsprechenden Komponenten aus. Dabei stärken wir speziell den Standort Deutschland.

Drei Beispiele:

  1. Schon 2022 wird jedes unserer vier Automobilwerke in Deutschland vollelektrische Fahrzeuge fertigen.
  2. Ab 2022 können in Dingolfing E-Maschinen gebaut werden für bis zu 500.000 elektrifizierte Fahrzeuge pro Jahr. In Leipzig und Regensburg produzieren wir Batteriemodule bzw. Hochvoltbatterien.
  3. 2022 nehmen wir ein neues Pilotwerk zur seriennahen Batteriezellfertigung in Betrieb. Weltweit ist BMW der Automobilhersteller mit der umfassendsten Batteriezellkompetenz. Unser Anspruch lautet: Wir wollen die leistungs-fähigste und zugleich nachhaltigste Batteriezelle in der Industrie. Mit Northvolt und Umicore bauen wir einen geschlossenen Wertstoffkreislauf für Batteriezellen auf.

Den Umbau unseres Produktionsnetzwerks verbinden wir mit strukturellen Effizienzverbesserungen und einer optimierten Auslastung. Dadurch wollen wir bis Mitte des Jahrzehnts einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag einsparen.

Gleichzeitig investieren wir in Forschung und Entwicklung gemäß unserer Zusage: mehr als 30 Milliarden Euro bis 2025.

Auch hier liegt weiterhin ein Schwerpunkt auf dem Standort Deutschland. Im September haben wir das erste Teilprojekt von FIZ Future in Betrieb genommen. Im neuen FIZ Nord in München entwickeln 4.800 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen die Innovationen für die Mobilität der nächsten Jahrzehnte. Damit wächst das FIZ zu einem der größten F&E-Standorte in Europa. Es vernetzt unsere 14 Tech Offices – von Kalifornien bis Shanghai und Tokio – als neuer digitaler F&E-Knotenpunkt.

Damit zum zweiten Punkt:

Unsere Perspektive ab der zweiten Hälfte des Jahrzehnts.

Wir rechnen damit, dass ab 2025 die Nachfrage nach vollelektrischen Fahrzeugen weiter deutlich ansteigen wird. Genau dann – Stichwort Timing – zünden wir Phase III unserer Transformation.

Neben der Elektrifizierung stehen hier die digitale Vernetzung und die Volumenfähigkeit im Vordergrund. In zehn Jahren wollen wir mehr als sieben Millionen elektrifizierte Fahrzeuge der BMW Group auf der Straße haben – davon zwei Drittel vollelektrisch. Auf diese Größenordnung richten wir das Unternehmen schon jetzt strategisch und technologisch aus.

Wir haben zwei neue übergreifende Funktionen in der Organisation etabliert.

Sie koordinieren, gestalten und verantworten die entscheidenden Transformationsfelder:

  1. Die Digitalisierung im Fahrzeug:
    Schon vor über 20 Jahren haben wir damit angefangen. Bis heute haben wir 14 Millionen vernetzte Fahrzeuge auf die Straße gebracht. Sie erfassen jeden Tag 25 Millionen Verkehrsinformationen.
    Jetzt stärken wir digital im gesamten Unternehmen und schaffen eine neue Entscheidungszentrale. Seit Oktober sind alle Software-Schlüsselfunktionen in der neuen Einheit „Digital Car“ gebündelt. Sie berichtet direkt an unseren Entwicklungsvorstand. Unsere Fahrzeuge sind „managed devices“ – immer up-to-date mit den neuesten Diensten und Funktionen. Dazu bauen wir unser erfolgreiches Operating System 7 weiter aus. Es ist vollkommen klar: Unser User Interface ist leicht bedienbar. Technologie soll dem Nutzer dienen. Und digitale Technologien gehören zum Kern von BMW. Für unsere Kunden haben Hardware und Software die gleiche hohe Relevanz.
  2. Unsere grundlegende Produktentwicklung mit der entsprechenden Auslegung unserer Fahrzeug-Architektur ab der Mitte des Jahrzehnts:
    Unsere neue Cluster-Architektur ist auf elektrische Antriebe ausgerichtet. Dieser Bereich berichtet direkt an mich. Er ist mit allen Ressorts organisatorisch vernetzt – Märkte, Finanzen, Beschaffung, Entwicklung, Produktion und Vertrieb. Das gibt uns mehr Durchgriff und macht uns viel schneller – auch in der Zusammenarbeit mit Partnern. Ziel ist es, mit der neuen Architektur ein Gesamtoptimum zu schaffen. Unser neues Werk in Ungarn spielt hier eine Schlüsselrolle. Dort läuft ab Mitte dieses Jahrzehnts die neue BEV-zentrierte Architektur an.

Zu Phase III unserer Transformation zählt auch: Mitten in der Corona-Krise haben wir das Unternehmen im Sinne einer Kreislaufwirtschaft ausgerichtet.

Bis 2030 wollen wir den CO2-Fußabdruck pro Fahrzeug signifikant gegenüber 2019 verringern – und zwar um mindestens ein Drittel. Kein anderer Hersteller in unserer Industrie richtet sein Geschäftsmodell von Lieferkette, Produktion, Nutzungsphase und Recycling derart gesamthaft nachhaltig aus. Das erreichen wir nicht durch Kompensation. Wir nutzen erneuerbare Energien und Effizienzmaßnahmen. Das ist wirksamer Fortschritt durch Technologie.

Meine Damen und Herren,
die Corona-Pandemie ist noch lange nicht überwunden. Die aktuelle Infektionsdynamik, vor allem in Europa, macht das sehr deutlich. Das Virus bleibt auf absehbare Zeit das größte Risiko für die Weltwirtschaft, neben vielen weiteren. Neue Lockdowns können unsere Geschäftsentwicklung im vierten Quartal sowie den Start 2021 stark beeinträchtigen.
Auch in dieser Situation gilt: Wir gehen die kurzfristigen Herausforderungen weiter flexibel an. Und wir stellen frühzeitig und konsequent die Weichen für die langfristige Entwicklung des Unternehmens.
Für die aktuelle Phase unserer Transformation bis 2025 ist die BMW Group genau richtig und robust positioniert: Unser Anteil an E-Mobilität wächst bei maximaler Flexibilität in der Produktion.
Jetzt konzentrieren wir uns bereits auf die dritte Phase der Transformation ab 2025 und darüber hinaus. Dazu treffen wir in den nächsten Monaten weitere grundlegende Entscheidungen.

Vielen Dank!

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