BMW 1er F20: Projektleiter Dietmar Zimmerhackl im Gespräch

BMW 1er | 10.08.2011 von 21

Anlässlich der Premiere für die neue BMW 1er-Reihe (F20) in Berlin hatten wir Gelegenheit, uns etwas ausführlicher mit Projektleiter Dietmar Zimmerhackl zu unterhalten und natürlich …

Anlässlich der Premiere für die neue BMW 1er-Reihe (F20) in Berlin hatten wir Gelegenheit, uns etwas ausführlicher mit Projektleiter Dietmar Zimmerhackl zu unterhalten und natürlich wollen wir euch die Inhalte dieses Gesprächs nicht vorenthalten.

Gesprochen wurde dabei unter anderem über die wichtigsten Unterschiede zum Vorgänger, die neuen Motoren, die neue Philosophie in Sachen Fahrwerksabstimmung und natürlich ging es auch darum, welche Optionen den 1er in den kommenden Jahren noch attraktiver machen könnten.

Unsere ersten Eindrücke vom neuen 1er könnt ihr unseren Fahrberichten zum BMW 120d F20, zum BMW 118i F20 mit M Sportfahrwerk und zum BMW 1er F20 mit adaptivem Fahrwerk entnehmen. Speziell zu den Themen Urban Line und Sport Line empfiehlt sich auch unser Interview mit dem Leiter Produktmanagement der 1er-Reihe, Dr. Jürgen Pawlik.

BimmerToday.de: BMW hat vor einigen Tagen die zweite Generation der 1er-Reihe vorgestellt und auch wenn die erste Generation sehr erfolgreich war, versteht es sich von selbst, dass der Nachfolger noch mehr Kunden anziehen soll. An welchen Kritikpunkten hat man besonders gearbeitet, um den F20 noch attraktiver zu machen?
Dietmar Zimmerhackl: Der erste 1er war auf jeden Fall eine Erfolgsgeschichte für uns und hat sich in seinen vier Ausprägungen etabliert. Es gibt natürlich ein paar Stellen, an denen wir uns im Detail verbessern und Fortschritte erzielen wollten. Zum einen reagieren wir damit auf neue Gesetzesanforderungen, zum anderen haben sich auch die Geschmäcker in mancher Hinsicht verändert. Uns war es wichtig, den Faktor Komfort etwas stärker als bisher erlebbar zu machen. Trotzdem haben wir die Fahrdynamik weiter verbessert, was bei uns von Modell zu Modell eine wichtige Aufgabe ist. Trotzdem einen substantiellen Schritt zu mehr Komfort zu machen, war eines der zentralen Ziele der Entwicklung. Schon das Basisauto bietet sehr viel davon und verlangt keine Abstriche vom Kunden, aber mit Hilfe von Sportfahrwerk und adaptivem Fahrwerk kann der Kunde künftig noch genauer bestimmen, wie sich sein Auto verhalten soll.

BimmerToday.de: Beim Fahren hat man den Eindruck, dass sich das Abrollverhalten gegenüber dem Vorgänger wesentlich verbessert hat. Hat man hiermit auf Kundenfeedback reagiert und bewusst etwas Härte aus dem Fahrwerk herausgenommen, weil Sportlichkeit für viele Kunden weniger wichtig ist als Komfort im Alltag?
Dietmar Zimmerhackl: Wir sehen keine direkte Verbindung zwischen der Härte und der Sportlichkeit eines Fahrwerks. Wir haben unser Sportfahrwerk so abgestimmt, dass der Fahrer nicht durch unnötige Härte gestört wird. In der Summe muss ein Paket entstehen, das sehr angenehm zu fahren ist, ohne dass es Nachteile bei den Fahrdynamik-Eigenschaften gibt.

BimmerToday.de: Der 1er ist auch in seinen Abmessungen gewachsen, ist länger und breiter geworden. Von der zusätzlichen Länge profitieren vor allem die Passagiere im Fond, aber ist das für einen 1er überhaupt relevant?
Dietmar Zimmerhackl: Wenn man nur auf die durchschnittliche Mitfahrerzahl schaut, bräuchten wir keinen dritten oder gar vierten Sitz im Auto. Aber ein Fahrzeug muss natürlich funktional sein und speziell beim Ein- und Aussteigen im Fond wollten wir uns gegenüber dem Vorgänger verbessern. Es ist bei einem solchen Fahrzeugkonzept nicht einfach, die dafür benötigten zusätzlichen Millimeter zu finden, aber gemeinsam ist uns das denke ich gut gelungen. Unsere Wettbewerber sind in dieser Hinsicht durch ihr Konzept im Vorteil und haben etwas mehr Platz, aber wir haben es nun geschafft, dass man sowohl vorn als auch hinten mit 1,85 Metern gut sitzen kann.

BimmerToday.de: Beim Größenwachstum fällt sofort der Blick aufs Gewicht. Der neue 1er ist mit manchen Motorisierungen schwerer geworden, mit anderen leichter. Wie kommt es zu diesen Unterschieden und wie wichtig war der Faktor Gewicht bei der Entwicklung des Autos?
Dietmar Zimmerhackl: Wir haben bei der Entwicklung grundsätzlich gesagt, dass wir mit Gewicht wie mit jeder anderen Kenngröße umgehen und nicht von vornherein sagen, dass wir unbedingt ein niedrigeres Gewicht brauchen. Wir betrachten Gewicht also im Gesamtzusammenhang mit allen anderen Eigenschaften und es geht darum, einerseits die Fahrleistungen zu steigern und andererseits den Verbrauch zu senken. Wenn das gelingt, müssen wir mit dem Gewicht nicht noch weiter nach unten. So erhalten wir ein gesundes Verhältnis zwischen Kosten, Performance und Aufwand. Bei manchen Fahrzeugen, speziell den Benzinern, ergeben sich absolut leichte Gewichtserhöhungen, aber hier erhält der Kunde neben einem größeren Fahrzeug auch ein besseres Leistungsgewicht. Dazu kommen Dinge wie die gestiegenen Sicherheitsanforderungen und die nun serienmäßig verbaute Klimaanlage, die ein Zusatzgewicht von 13 Kilogramm bringt. Wenn wir trotz dieser Umstände nicht viel schwerer als der Vorgänger sind, sieht man auch, dass wir gemeinsam an jeder anderen Gewichtsschraube gedreht haben.

BimmerToday.de: Wie bereits erwähnt, gibt es völlig neue Ottomotoren. Die alten Saugmotoren wurden durch neue Modelle mit Aufladung ersetzt, warum dieser Schritt?
Dietmar Zimmerhackl: Bei den Benzinern waren Änderungen erforderlich und im ganzen Konzern gibt es ja diesen Trend zu neuen Motoren mit TwinPower-Aufladung. Diese neuen Vierzylinder machen richtig Spaß und passen sehr gut zu dem Auto, können sowohl richtig sportlich als auch sehr entspannt und zurückhaltend bewegt werden.

BimmerToday.de: Können Sie etwas zum Marktanteil der Ottomotoren im Vergleich zum Diesel sagen, speziell für den deutschen Markt?
Dietmar Zimmerhackl: In der Generation E87 lag der Anteil der Dieselmotoren in Deutschland bei 59 Prozent, für die Modelle mit Ottomotor ergeben sich somit 41 Prozent.

BimmerToday.de: Auch beim Automatikgetriebe gab es größere Änderungen, bei der zweiten 1er-Generation kommt ein neues Getriebe mit acht Gängen zum Einsatz. Wo liegen die Vor- und Nachteile des neuen Getriebes?
Dietmar Zimmerhackl: Das Getriebe ist weder größer noch schwerer als der Vorgänger, Nachteile gibt es also praktisch nicht. Vorteile ergeben sich hingegen durch komfortablere Gangwechsel und eine höhere Effizienz, außerdem lässt sich mit dem Getriebe auch mehr Sportlichkeit darstellen.

BimmerToday.de: Die Sportautomatik mit Schaltwippen am Lenkrad gibt es zunächst nur für den 120d. Warum nicht auch für die anderen Modelle?
Dietmar Zimmerhackl: Wir werden den Sportautomaten zunächst nur bei bestimmten Motorisierungen einsetzen, denn natürlich muss auch der Motor zu einer Sportautomatik passen.

BimmerToday.de: Spielen teure Automatikgetriebe in dieser Fahrzeugklasse überhaupt eine größere Rolle oder sind die meisten Fahrzeuge dann doch als Handschalter unterwegs?
Dietmar Zimmerhackl: Der Anteil von Automatikgetrieben steigt auch in diesem Segment an, trotz des Aufpreises. Wir gehen auch davon aus, dass dieser Anteil zukünftig weiter ansteigen wird.

BimmerToday.de: Auch das Infotainment-System wurde weiter verbessert und wirkt dank Black Panel-Technologie und freistehendem Display noch hochwertiger. Gab es dafür in dieser Klasse einen Bedarf?
Dietmar Zimmerhackl: Wir entwickeln natürlich nicht nur in Reaktion auf Kundenwünsche, sondern wir haben auch viele Ideen im Kopf, bei denen wir eine Vorreiter-Rolle einnehmen wollen. Wir wollten einerseits mehr Wertigkeit ins Auto bringen, was auch durch einen Flatscreen ausgedrückt wird, andererseits passt das freistehende Display sehr gut zur Design-Philosophie im Interieur. Eine Hutze über dem Bildschirm würde sehr wuchtig wirken und nicht zum neuen Design passen.

BimmerToday.de: Das Exterieur hat in den Tagen nach der Veröffentlichung der ersten Bilder viel Kritik erfahren. Wie gehen Sie in München mit dieser Kritik um?
Dietmar Zimmerhackl: Wir sehen die Kritik momentan nur als Geschmacks-Äußerung Einzelner, nicht als generelle Kritik einer breiten Mehrheit. Wir wollten natürlich, dass der 1er als BMW erkennbar ist, was dank einiger Elemente wie den Nieren oder den Doppelrundscheinwerfern sichergestellt wird. An der einen oder anderen Stelle darf der 1er aber etwas mehr als andere Fahrzeuge, was beispielsweise an der Front der Fall ist. Wir geben dem Auto hier in Form der Shark Nose und mit dem konzentrierten Blick vielleicht auch einen Diskussionspunkt, den man sich öfter im Detail ansieht. Ich bin davon überzeugt, dass diese Dinge einfach die Eigenständigkeit des 1ers unterstreichen. Ich stelle auch fest, dass viele Leute ihr Urteil nach dem ersten realen Kontakt mit dem 1er überdenken, weshalb ich in dieser Hinsicht nicht nervös bin.

BimmerToday.de: Vor einigen Monaten ist eine Studie bekanntgeworden, nach der etwa 80 Prozent der Fahrer eines 1ers der ersten Generation nicht wissen, was sie für ein Antriebskonzept fahren. Der neue 1er verfügt wie sein Vorgänger über den BMW-typischen Hinterradantrieb, andererseits wurden bereits Andeutungen in Richtung weiterer 1er-Modelle mit Vorderradantrieb gemacht. Was ist hier für die Zukunft zu erwarten?
Dietmar Zimmerhackl: Der neue 1er hat Hinterradantrieb und diese Tatsache haben wir auch über das Design ganz bewusst betont. Es mag sein, dass 80 Prozent der Kunden nicht über das von ihnen gefahrene Antriebslayout informiert sind, aber andererseits gehen wir davon aus, dass es für die restlichen 20 Prozent enorm wichtig ist.
Für die Zukunft können wir momentan nur sagen, dass sich jeder kommende BMW wie ein echter BMW fahren wird, völlig unabhängig davon, wo der Antrieb erfolgt.

BimmerToday.de: Die Motorenpalette des F20 ist sicherlich noch nicht vollständig. Können Sie uns schon verraten, ob es beispielsweise wieder einen Sechszylinder im 1er geben wird?
Dietmar Zimmerhackl: Das ist immer eine interessante Frage und wie Sie wissen, hatten wir im 1er bisher einen Sechszylinder. Wir sind auf einer Plattform mit dem 3er, genügend Bauraum ist also definitiv vorhanden. Was dann angeboten wird, wird auch von der Nachfrage abhängig sein. Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir eine sehr ausgewogene Motorenpalette, mit der wir einen guten Start hinlegen können.

BimmerToday.de: Für manche Regionen und Märkte wird auch der Allradantrieb immer wichtiger. Spielt das Thema xDrive auch für den neuen 1er eine Rolle?
Dietmar Zimmerhackl: Wir haben eben schon über Baukästen gesprochen und wir haben mit dem 1er eine Menge Optionen, aber mehr kann ich Ihnen dazu heute noch nicht sagen.

BimmerToday.de: Noch einmal kurz zusammenfassend: Was waren die wichtigsten Ziele bei der Entwicklung des neuen 1ers?
Dietmar Zimmerhackl: Wir haben versucht, das Auto so zu bauen, dass es den Fahrer in allen Situationen möglichst wenig stört. Das betrifft beispielsweise die Akustik, aber auch die Assistenzsysteme. Letztere sollen den Fahrer nicht stören, ihm aber im Alltag helfen. Genau wie der Eco Pro-Modus sollen diese Systeme helfen, aber bei Nichtgefallen auch deaktivierbar sein. Die Fahrdynamik soll Spaß machen, aber nicht mit störender Härte im Alltag verbunden sein. Die Motoren sollen auf Wunsch kraftvoll und schnell sein, aber bei langsamer Fahrt dezent im Hintergrund bleiben. Dieses Grundthema wollten wir im ganzen Auto unterbringen und somit ein Spaßauto schaffen, das dennoch vernünftig und funktional ist. Ich bin der Meinung, dass uns hier ein sehr rundes Paket gelungen ist.

BimmerToday.de: Herr Zimmerhackl, wir danken für das informative Gespräch!

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