Fahrbericht BMW X5 xDrive30d G05: Der große Techniker

BMW X5, Fahrberichte | 27.09.2018 von 10

Größere Dimensionen, durchdachte Technik und ein hervorragend abgestimmtes Luftfahrwerk – der neue BMW X5 xDrive30d G05 überzeugt im ersten Fahrbericht

Morgendlicher Berufsverkehr in Atlanta – rigide Tempolimits, Stau auf drei der sechs Highway-Spuren und gleich zu Beginn unserer Testfahrt mit dem neuen BMW X5 xDrive30d eine wichtige Erkenntnis: der neueste Vertreter der Münchner SUV-Oberklasse ist ein echter Techniker. Ein Auto für Einsteller, für Individualisierungs-Verliebte, GPS-Marker-Setzer und Fahrwerk-Konfigurierer. Kurzum: ein qualifizierter Begleiter für all jene, deren Interesse am Automobil sich nicht bereits bei der Wahl der Außenfarbe erschöpft. Aber der Reihe nach.

Zunächst einmal ziehen wir die logischen Konsequenzen aus dem morgendlichen Highway-Durcheinander um uns herum und überlassen die Fahrt den vollumfänglich im Testwagen verbauten Assistenzsystemen. Unter dem Paketnamen “Driving Assistant Professional” fasst BMW für 2.600 Euro das ganze Programm verfügbarer Hilfs-Sensorik zusammen. Der neue BMW X5 hält dann zuverlässig Abstand und Spur selbst bei spärlich vorhandenen Markierungen, lenkunterstützt bei Ausweichmanövern, hält die geltenden Tempolimits ein und fährt in Stop-and-Go-Situationen ohne bestätigendes Gaspedal-Tippen von alleine wieder an.

Was deutlich nach autonomem Fahren klingt, verlangt allerdings stets nach einer Hand am Steuer und fahrerischer Aufmerksamkeit – die Autonomiestufe drei erreicht der BMW X5 G05 nach aktuellem Stand so noch nicht. Zudem muss das SUV zumindest in Deutschland aufgrund neuer Richtlinien auf den bereits aus 5er und Co. bekannten Spurwechsel-Assistenten verzichten. Dafür warnt der X5 vor Querverkehr, vor drohender Missachtung von Vorfahrtsstraßen und kann zudem bei plötzlicher Fahruntauglichkeit des Piloten selbstständig abbremsen, den Warnblinker aktivieren und einen Notruf absetzen.

Wir nutzen den stockenden Highway-Verkehr für ein paar grundsätzliche Einordnungen: der neue BMW X5 basiert auf der aus 7er, X3 und Co. bekannten CLAR-Plattform. Gegenüber seinem Vorgänger legt er in allen Dimensionen noch einmal deutlich zu: 36 Millimeter in der Länge (4,92 Meter), 66 Millimeter in der Breite (2,00 Meter) und 19 Millimeter in der Höhe (1,75 Meter). Entsprechend großzügig fallen die Platzverhältnisse auf den serienmäßigen Lederpolstern und im 650 Liter großen Kofferraum mit optionaler dritter Sitzreihe aus. Auch Materialqualität und Verarbeitungsgüte lassen absolut nichts zu Wünschen übrig.

Gerade einmal fünf Jahre war der Vorgänger BMW X5 F15 auf dem Markt und hat sich trotzdem mit fast 760.000 gebauten Einheiten den Titel der bis dato erfolgreichsten X5-Generation gesichert. Klar irgendwie, dass sich der zum Modellwechsel fällige “Sprung nach vorne” nicht nur auf ein bisschen mehr Raum und die Design-Kunst beschränken kann, diese Masse von allen Seiten sogar noch filigraner aussehen zu lassen. Nein, der neue X5 kann viel mehr, und das ist auch gut so. Zum Beispiel Fahren.

BMW X5 xDrive30d: Fahrwerk-Finesse, souveräner Diesel

Ab Werk verfügen erstmals alle Motorisierungen serienmäßig über adaptive Dämpfer. Die Fahrwerkabstimmung ist dabei ein unbestreitbares Highlight – so wie man es von BMW erwartet. Im Komfort-Modus federt der neue BMW X5 äußerst sensibel an, sorgt besonders in Kombination mit der neu entwickelten Zweiachs-Luftfederung für erhabenen Fahrkomfort. Wir verlassen den Highway. Kurvige Landstraßen, Sportmodus, BMW-Terrain. Auch dank der erstmals im X5 erhältlichen Integral-Aktivlenkung durcheilt der neue BMW X5 G05 Kurven mit deutlich gesteigerter Dynamik, fühlt sich leichtfüßig und agil an; mehr nach Mittelklasse-Limousine als Zweitonnen-SUV. In Verbindung mit dem neuen xOffroad Paket kommt auch beim zivilen Einstiegsmotor xDrive30d ein M Sportdifferenzial an der Hinterachse hinzu und reduziert am Kurvenausgang den Gripverlust.

Überhaupt, der Motor. Während international dem Turbobenziner xDrive40i die größten Marktanteile bescheinigt werden, führt im durchschnittsdeutschen Autobahnbetrieb selbstverständlich kein Weg am Selbstzünder vorbei. Warum auch, schließlich ist der SCR-katalysierte BMW X5 xDrive30d nicht nur sauber und effizient, sondern obendrein noch kräftig im Antritt. 265 PS und heftige 620 Newtonmeter Drehmoment stehen auf Abruf bereit und schieben den neuen X5 in 6,5 Sekunden auf Tempo hundert. Die serienmäßige, im neuen Modell weiter verfeinerte Achtgang Steptronic sortiert dabei gewohnt punktgenau die Gänge. Ganz klar: mehr Leistung braucht kein Mensch, auch wenn es schwerfällt, nicht dem Reiz der vier Turbolader des M50d zu erliegen – zumindest bis zum Blick in die Preisliste…

Neues xOffroad Paket: Auf Knopfdruck bereit fürs Grobe

Nach der Mittagspause im waldigen Umland von Atlanta zeigt der X5 dann, dass sich die Entwickler nicht nur mit der Alltags-Performance beschäftigt haben. Vielmehr verschiebt die Spreizung und Variabilität der neuen Fahrwerks-Optionen die Trennlinie zwischen SUV und Geländewagen. Mit der Kombination aus dem xOffroad-Paket und der Luftfederung wird der X5 nämlich richtig abenteuerfreudig, kann dazu erstmals sogar im offiziellen Zubehör-Shop mit Geländereifen ausgerüstet werden. Vier Fahrmodi für verschiedene Untergründe lassen sich auf der Mittelkonsole einstellen, hinzu kommt ein weiterer Schalter, der stufenweise die insgesamt 80 Millimeter Höhenverstellung reguliert.

Auch hier überzeugt die Vernetzung der einzelnen Komponenten: Head-up-Display und Instrumentenpanel zeigen relevante Offroad-Infos, etwa zum Neigungsgrad des Fahrzeugs. Die 360-Grad-Kamera verfügt ebenfalls über eine Gelände-Funktion und kann das Auto aus verschiedenen Blickwinkeln anzeigen. Weitere relevante Tasten: die Frontkamera-Aktivierung für steile Passagen sowie die obligatorische Bergabfahr-Hilfe – wie gesagt, der neue X5 ist ein Einsteller-Auto.

Wir pumpen den Testwagen auf die höchste Stufe, wählen den Fahrmodus xRocks und stürzen uns ins den Wald. Schmal, steil und unübersichtlich schlängelt sich der Test-Trail zwischen den Bäumen hindurch. Das Allradsystem verteilt variabel die Kraft zwischen den jeweils haftungswilligsten Rädern, die Frontkamera bewahrt vor Orientierungslosigkeit als durch die Frontscheibe nur noch das Grün der Wipfel zu sehen ist. Während der variable Bergabfahr-Assistent scharrend am Steilhang unkontrollierte Rutschereien verhindert, wächst das Bedauern, dass zumindest in unseren Breitengraden wohl nur die wenigsten X5-Kunden jemals am eigenen Leibe erfahren werden, wozu ihr Gelände-SUV eigentlich fähig ist.

Wir sparen uns an dieser Stelle die verlockende Überleitung vom Waldgebiet zum Großstadt-Dschungel, in dem wohl die meisten BMW X5 G05 den Großteil ihres Autolebens verbringen dürften. Stattdessen widmen wir uns ganz schnörkelfrei den Funktionen, mit denen der neue X5 auch im Alltagsbetrieb wirkungsvoll seine Abmessungen kaschiert – hauptsächlich, indem er sensible Aufgaben einfach selber übernimmt. Ein- und Ausparken zum Beispiel. So kann sich der serienmäßige Parking Assistant die letzten 50 Meter Weg durch schmale Einfahrten merken und dann bei der nächsten Fahrt selbstständig wieder hinaus steuern. Ebenfalls eine Erleichterung: wer täglich aus einer unübersichtlichen Einfahrt auf die Straße rollt, kann an entsprechender Stelle einen GPS-Marker setzen, sodass automatisch die Front-View-Kamera aktiviert wird.

BMW Operating System 7.0: Alles wie du willst

Eine weitere Premiere feiert im neuen BMW X5 das Operating System 7.0. Zentrales Element des weiterentwickelten Bediensystems sind dabei die zwei je 12,3 Zoll großen Monitore. Für analoge Tacho-Puristen, die bis heute den Umstieg auf die digitale Instrumentierung kritisch betrachten, brechen endgültig harte Zeiten an. Um mehr Platz für Navigationshinweise und Info-Kacheln im Blickfeld des Fahrers zu schaffen, rücken Tacho und Drehzahlmesser weit an den Rand des Monitors – Ansichtssache, im wahrsten Sinne des Wortes. Davon abgesehen liefert das System eine neue Menüstruktur, individuelle Einstellmöglichkeiten sowie eine erweiterte Vernetzung mit BMW Connected Drive. Zudem lässt sich der X5 mit dem optionalen “Digital Key” von bis zu fünf freigegebenen Fahrern auch per Smartphone via Near Field Communication entriegeln.

Die leicht gestiegenen Preise für das Einstiegsmodell BMW X5 xDrive30d starten nun bei 69.200 Euro, relativiert durch die wirklich umfangreiche Serienausstattung vom Navigationssystem über Lederpolster bis hin zum Parkassistenten. Wie üblich finden sich in der Preisliste trotzdem jede Menge verlockende Extras, die den Endpreis weiter in luftige Höhen treiben – doch damit haben die individualisierungs-verliebten Einsteller und Fahrwerks-Konfigurierer sicher längst gerechnet.

Jonas Eling

 

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