BMW M5 E39: Statt V8 S62 kam beinahe ein Sechszylinder-Turbo

BMW M5 | 28.07.2025 von 0

Aus heutiger Sicht ist der BMW M5 der Generation E39 untrennbar mit seinem 5,0 Liter großen V8-Triebwerk verbunden, aber in der Entwicklung der Power-Limousine standen …

Aus heutiger Sicht ist der BMW M5 der Generation E39 untrennbar mit seinem 5,0 Liter großen V8-Triebwerk verbunden, aber in der Entwicklung der Power-Limousine standen auch ganz andere Optionen im Raum. Wie BMW USA in einem Rückblick auf seine 50-jährige Geschichte berichtet, wäre der erste V8-M5 beinahe ein Sechszylinder geblieben – dann allerdings mit Turbo-Aufladung, denn die angestrebte Leistungsklasse von 400 PS wäre mit einem Saugmotor kaum darstellbar gewesen. Die Überlegungen gingen seinerzeit sogar so weit, statt einem V8 oder einem aufgeladenen Reihensechszylinder einen Turbo-V6 zu entwickeln, obwohl dieser ohne jeden Bezug zur BMW-Tradition gewesen wäre.

Auch mit Blick auf die Wünsche des für die M GmbH extrem wichtigen US-Markts fiel die Entscheidung schließlich auf eine Sport-Variante des aus anderen Baureihen bekannten M62-Motors. Der zum S62 weiterentwickelte Achtzylinder durfte aus knapp 5,0 Litern Hubraum schöpfen und war mit 400 PS und 500 Newtonmeter Drehmoment in jeder Lebenslage spürbar stärker als der Vorgänger E34, dessen Sechszylinder auch mit 3,8 Liter Hubraum nicht über 340 PS und 400 Newtonmeter hinauskam. "

Im Jahr 1993, ganz am Anfang der Entwicklung des 1998 auf den Markt gebrachten BMW M5 (E39), stand hinter dem Motor der Limousine ein großes Fragezeichen. Ein Sechszylinder-Saugmotor kam mit Blick auf die gewünschte Leistung nicht in Frage, weshalb Projektleiter Alex Hildebrandt vor einer schwierigen Entscheidung stand: “Wir hatten nur zwei Optionen: Einen V8 oder einen aufgeladenen Sechszylinder. Wir waren am Ende der Energiekrise in Europa und es gab durchaus Zweifel daran, wie groß die Nachfrage nach einem solchen Fahrzeug sein würde.”

Der damalige Leiter Produktmanagement der M GmbH, Karlheinz Kalbfell, wollte mit Effizienz punkten. Projektleiter Hildebrandt erinnert sich: “Kalbfell war bestrebt, die Kraftstoffeffizienz zu steigern. Das bedeutete nicht, dass wir keine leistungsstarken Motoren haben würden, sondern dass deren Effizienz im Verhältnis zur Leistung hervorragend sein sollte. Mit einem V8 war das nicht möglich, da schließlich acht Zylinder versorgt werden mussten. Wir diskutierten viel über Turboaufladung, aber damals führte Turboaufladung hauptsächlich zu mehr Kraftstoffverbrauch und Leistung im oberen Drehzahlbereich, weniger zu Drehmoment im mittleren Drehzahlbereich.”

Rich Brekus, der seinerzeit für die Produktplanung von BMW Nordamerika verantwortlich war, ergänzt: “Kalbfell glaubte, dass der Reihensechszylinder das Herz und die Seele von BMW sei. Genau diesen wollte er als Markenzeichen für BMW, nicht aber einen V8. Ich schätze, er hielt den V8 für eine amerikanische Erfindung, zu groß und verschwenderisch. Andererseits wusste niemand, wie man aus einem Sechszylinder noch mehr Leistung herausholen sollte als beim S38.”

Die Idee eines aufgeladenen Sechszylinders wurde schließlich verworfen, weil die Entwicklung für die geringen Stückzahlen eines BMW M5 schlicht zu teuer gewesen wäre. “Deshalb wurde die Idee beerdigt, aber wir hatten zwei Jahre Entwicklungszeit verloren”, erklärt Hildebrandt. “Wir wollten einen Sportwagen für Gentleman realisieren, und dazu passte der V8 hervorragend. Und letztlich war es auch die einzige Option, um das Auto noch zu einem vernünftigen Zeitpunkt auf den Markt bringen zu können. Wir waren bereits zwei Jahre hinter dem ursprünglichen Zeitplan und wenn es noch später geworden wäre, hätte das Projekt keinen Gewinn mehr abwerfen können.”

Der relativ kurze verbleibende Lebenszyklus wirkte sich auch auf die Stückzahlen aus, intern wurde mit 8.000 bis 8.500 Einheiten gerechnet. Dr. Wolfgang Reitzle war als Entwicklungsvorstand optimistischer und glaubte an das Potenzial für 10.000 Stück, weshalb er die Entscheidung für den V8 unterstützte – und damit Untypisches von den Motorenentwicklern der M GmbH verlangte, denn für eine Kombination des Achtzylinders mit dem damals typischen Hochdrehzahl-Konzept blieb keine Zeit mehr: “Wir mussten das für diese Generation des M5 vergessen und nach anderen Möglichkeiten suchen, um die 400 PS zu erreichen”, erinnert sich Hildebrandt.

Im Vergleich zum M62 der AG-Modelle wurde nicht nur der Hubraum von 4,4 auf 5,0 Liter erhöht, einige Anpassungen erlaubten auch eine deutliche Erhöhung der Maximaldrehzahl von 5.700 auf 6.600 U/min. Zu den wichtigsten Modifikationen zählten eine für den Rennstrecken-Einsatz optimierte Ölversorgung und die Einzeldrosselklappen-Anlage mit einer individuell gesteuerten Drosselklappe für jeden der acht Zylinder.

Mit seinen 400 PS trug der V8-Sauger seinen Teil dazu bei, dass der BMW M5 (E39) schon vor der Jahrtausendwende eine Nürburgring-Zeit von 8:20 Minuten fahren konnte. Auch US-Kunden liebten die einmalige Kombination einer Business-Limousine mit Achtzylinder – und sportlich-knackigem Sechsgang-Schaltgetriebe, während die Sport-Limousinen von Mercedes-AMG und Jaguar nur mit Wandler-Automatik erhältlich waren.

Für die M GmbH ergab sich so ein unverhofftes “Problem”: Der BMW M5 war so beliebt, dass die Anfragen aus den USA und dem Rest der Welt kaum bedient werden konnten. Allein der US-Markt nahm schließlich 9.198 Exemplare ab, weltweit wurden sogar 20.482 Einheiten verkauft. Noch größere Stückzahlen wären sicher möglich gewesen, wenn man sich auch noch zur Produktion des nur als Unikat realisierten BMW M5 Touring (E39) durchgerungen hätte. Der in aller Eile entwickelte V8-Motor war schließlich so überzeugend, dass er auch im BMW Z8 Roadster zum Einsatz kam.

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