Der Nachruf im Wortlaut: Alpina trauert um Burkard Bovensiepen

Sonstiges | 18.10.2023 von 1

Vor wenigen Tagen ist der Alpina-Gründer Burkard Bovensiepen im Alter von 87 Jahren verstorben. So schwer die Nachricht von seinem Tod Alpina-Kunden und BMW-Liebhaber in …

Vor wenigen Tagen ist der Alpina-Gründer Burkard Bovensiepen im Alter von 87 Jahren verstorben. So schwer die Nachricht von seinem Tod Alpina-Kunden und BMW-Liebhaber in aller Welt auch trifft, unendlich viel härter ist sie ohne Frage für seine Familie und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Alpina. Die Buchloer verabschieden sich mit einem ausführlichen Nachruf, den wir an dieser Stelle in voller Länge wiedergeben wollen:

Die Familie Bovensiepen und die Mitarbeiter der Firma ALPINA trauern um Firmengründer und Erfinder der BMW ALPINA Automobile, Burkard Bovensiepen, der am 12. Oktober 2023 im Alter von 87 Jahren verstorben ist.

Burkard Bovensiepen wurde am 1. September 1936 in Chemnitz geboren. Schon in frühester Jugend interessierte er sich brennend für Automobile. Nach dem Abitur absolvierte er eine Lehre als Werkzeugmacher. Anschließend begann er ein Maschinenbaustudium an der TU München und schwenkte nach einigen Semestern auf Betriebswirtschaft um.

Anfang der 60er Jahre hatte Burkard Bovensiepen die Idee, leistungssteigernde Vergaseranlagen für verschiedene Marken zu entwickeln.

Das perfekte Objekt dafür war der neue BMW 1500, mit einem „state of the art“ Vierzylindermotor und noch reichlich Platz im Motorraum. Mit diesem Fahrzeug wurde 1963 die erste ALPINA Anlage realisiert. Das Auto fand großen Gefallen bei auto motor und sport.

Im September fand in Frankfurt die Internationale Automobilausstellung statt. Einen eigenen Stand konnte sich der Jungunternehmer nicht leisten. Stattdessen klemmte er auf dem Messeparkplatz BMW 1500-Fahrern seinen ersten Prospekt über die Doppelvergaseranlage unter den Scheibenwischer – ein perfektes Marketing, das den Verkauf der ersten einhundert Anlagen sicherte.
Auch von BMW kamen gute Nachrichten. Es gab eine Kundendienstinformation, die besagte, dass die Leistungssteigerung dem Motor unbedenklich zugemutet werden konnte und die BMW-Gewährleistung weiterhin gültig war, quasi ein Ritterschlag des BMW-Vorstands.

Den Namen ALPINA übernahm er von der Schreibmaschinenfabrik seines Vaters – ein Bezug zu den nahen Alpen und dennoch international klingend. Um das Unternehmen weltweit bekannt zu machen, stieg ALPINA Ende der 1960er Jahre in den Motorsport ein. Nach seiner Einschätzung war der Motorsport die Bühne, auf der man seine Konkurrenzfähigkeit am besten darstellen konnte. Ab 1968 standen Rennfahrer wie Derek Bell, James Hunt, Jacky Ickx, Niki Lauda, Hans Stuck und Dieter Quester auf der Gehaltsliste von ALPINA. Neben vielen nationalen Meisterschaften und dem 24-Stunden-Rennen von Spa-Francorchamps gewann ALPINA zusammen mit BMW die Tourenwagen-Europameisterschaften 1970, 1973 und 1977. Während dieser Zeit erfand er auch das Catering im Fahrerlager. Seine selbst gegrillten Steaks waren legendär.

1978 stellte ALPINA in einer vielbeachteten Präsentation in Südtirol drei komplette Eigenentwicklungen vor: den BMW ALPINA B6 2,8, ein 3er BMW mit 2,8 Liter Reihensechszylindermotor und 200 PS, den BMW ALPINA B7 Turbo auf Basis der BMW 5er-Reihe, die damals schnellste Limousine der Welt, sowie das BMW ALPINA B7 Turbo Coupé, das sich mit einer Leistung von 300 PS im Kreis der stärksten sportlichen Coupés etablierte. Diese beeindruckenden Fahrzeuge legten den Grundstein für den Übergang vom Tuner zum Hersteller exclusiver Automobile mit vergleichsweise niedrigem Kraftstoffverbrauch.

Burkard Bovensiepen konnte sich mit Leidenschaft in Themen vertiefen, die ihn beschäftigten, sei es auf beruflicher, politischer oder wirtschaftlicher Ebene. Hierfür war ihm kein Aufwand zu schade. Als 1985 die Diskussion um das Waldsterben in Deutschland und ein Tempolimit auf Autobahnen in vollem Gange waren, verstand Burkard Bovensiepen dies als Herausforderung. Erstmalig im Automobilbau verwendete er Metallkatalysatoren für niedrigen Abgasgegendruck bei höchsteffizienter Konvertierungsrate. Dies be- kräftigte er auch mit einer groß angelegten Anzeigenkampagne in überregionalen Tageszeitungen mit dem Titel „Verkehrspolitik 1985 – Liebe Bundesregierung!“. „Wir sollten nicht versuchen, unserer Umweltprobleme mit Gesetzen und Verordnungen Herr zu werden. Nutzen wir den Stand der neuesten Technik, um in Deutschland die saubersten Automobile der Welt zu bauen“.

Bei seinen Reisen zu den Schauplätzen der Tourenwagen-Europameisterschaft in Italien, Frankreich und Spanien entdeckte er die Liebe zu – wie er es nannte – „ordentlichem“ Wein. Als er feststellte, dass die von den Reisen mitgebrachten Weine die Kapazität seines privaten Weinkellers deutlich überstiegen, machte er 1979 seine zweite Leidenschaft zum Business und gründete das ALPINA Weingeschäft mit großen Weinen aus berühmten Lagen.

Dank seines Gespürs für Qualität, seiner Beharrlichkeit und seines Verhandlungsgeschicks gelang es ihm, den Tignanello 1975, den Supertuscan von Antinori, direkt ab Weingut exklusiv zu importieren. Als Auflage erhielt er die Bitte, den Wein eines weiteren kleinen Weinguts dazuzunehmen – den Sassicaia. Heute der berühmteste Wein Italiens und eines der Aushängeschilder von ALPINA WEIN. Die Weinsparte beliefert heute ca. 1.000 Gourmetrestaurants und Hotels in Deutschland.

Burkard Bovensiepen war ein ebenso ehrgeiziger wie erfolgreicher Unternehmer. Einige Meilensteine:
• 1964 Entwicklung der Weber-Doppelvergaseranlage für den BMW 1500
• 1965 Gründung der ALPINA Burkard Bovensiepen KG
• 1970, 1973 und 1977 Gewinn der Tourenwagen-Europameisterschaft
• 1971 Projektleitung für das BMW Leichtbau-Coupé 3.0 CSL
• 1979 Gründung des ALPINA Weingeschäfts
• 1980 Ausweitung des Vertriebsnetzes nach Übersee – Japan
• 1983 Eintragung als Automobilhersteller beim Kraftfahrt-Bundesamt
• 1989 Vorstellung des BMW ALPINA B10 Bi-Turbo, damals schnellste Limousine der Welt
• 1993 Die ALPINA SWITCH-TRONIC, manuelles Schalten von Automatikgetrieben über Tasten am Lenkrad, wird vorgestellt
• 1995 Präsentation des BMW ALPINA B8 4,6 – der erste 3er BMW mit V8-Motor
• 1995 SUPERKAT – ALPINA führt als erster Hersteller weltweit einen beheizten Katalysator serienmäßig im BMW ALPINA B12 5,7 E-KAT ein
• 1999 Vorstellung des BMW ALPINA D10 Bi-Turbo, der erste Dieselantrieb von ALPINA
• 2003 Eintritt in den amerikanischen Markt mit dem BMW ALPINA ROADSTER V8 zusammen mit BMW
• 2004 Im BMW ALPINA B7 realisiert ALPINA einen Motor, der über einen mechanisch angetriebenen Radialverdichter aufgeladen wird. Das sorgt in Kombination mit Valvetronic-Ventilsteuerung für einen niedrigen Verbrauch
• 2007 Erstmals werden über 1.000 Fahrzeuge weltweit ausgeliefert
• 2008 Neubau eines Forschungs- und Entwicklungszentrums mit Abgasrolle und fünf Motorprüfständen
• 2011 Gewinn der deutschen GT3-Meisterschaft, ADAC GT Masters
• 2015 50-jähriges Firmenjubiläum ALPINA
• 2019 40 Jahre ALPINA WEIN
• 2021 Erstmals werden über 2.000 Fahrzeuge weltweit ausgeliefert

Ab 2002 führten die beiden Söhne Andreas und Florian Bovensiepen als Geschäftsführer das Unternehmen gemeinsam mit ihrem Vater, der seinen operativen Schwerpunkt von da an auf das Weingeschäft legte.

Burkard Bovensiepen war ein Mensch mit klaren Vorstellungen, ein Vordenker, ein Perfektionist. Wenn er eine Idee im Kopf hatte, wurde er nicht müde, so lange daran zu tüfteln, bis sie zu 100 % nach seinen Vorstellungen umgesetzt war.

Seinem Lebenswerk haben wir es zu verdanken, dass BMW ALPINA Automobile und die Marke ALPINA weltweit einen erstklassigen Ruf genießen. Diese Lebensleistung wirkt in jedem der heute ausgelieferten Automobile fort.

Buchloe, Oktober 2023

(Text & Fotos: Alpina)

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