Fahrbericht BMW 740d G70: Der 7er (fast) ohne Kilometer-Limit

BMW 7er, Fahrberichte | 1.05.2023 von 0

Wenn über den neuen BMW 7er (G70) geredet wird, geht es meist um den elektrischen i7 oder die starken Plug-in-Hybride mit rund 500 PS und …

Wenn über den neuen BMW 7er (G70) geredet wird, geht es meist um den elektrischen i7 oder die starken Plug-in-Hybride mit rund 500 PS und mehr. Immer ein wenig im Hintergrund bleibt der BMW 740d xDrive, der momentan im Alleingang die Diesel-Flagge nach oben hält und damit für viele deutsche 7er-Käufer erste Wahl bleibt: Obwohl wenig über ihn gesprochen wird, entfallen mehr als die Hälfte der deutschen 7er-Neuzulassungen im ersten Quartal 2023 auf den “nur” knapp 300 PS starken 740d, dessen Verbrennungsmotor lediglich vom Startergenerator des 48-Volt-Bordnetzes unterstützt wird. Wie überzeugend der neue 7er als Diesel ist, haben wir für unseren Fahrbericht herausgefunden.

Ganz unabhängig vom Antrieb beeindruckt natürlich auch der BMW 740d mit seinem Design, das ihn schon aufgrund seiner beleuchteten Nieren-Einfassung und der horizontal geteilten Scheinwerfer klar von jedem vorherigen BMW unterscheidet. Insofern überrascht es auch nur bedingt, dass viele zufällige Betrachter den 740d zunächst für einen i7 halten: Die Luxuslimousine ist derart eigenständig und ungewöhnlich, dass sie immer wieder für einen Vertreter des Elektro-Zeitalters gehalten wird. "

Weiter geht die Zukunfts-Show beim Einsteigen: Über den iDrive-Controller lässt sich bequem konfigurieren, welche Türen beim Druck auf den Schlüssel elektrisch öffnen sollen. Wer seinen 7er-Schlüssel also einmal passend eingestellt hat, kann von nun an immer wieder für staunende Blicke sorgen, wenn sich beispielsweise die Fond-Tür der Beifahrerseite wie von Zauberhand im richtigen Moment öffnet. Gleich danach dürfte das dort vorhandene Raumangebot für erneutes Staunen sorgen, denn im Fond der Luxuslimousine ist Platz wahrlich keine Mangelware. Kein Wunder, schließlich überragt der aktuelle 7er selbst die Langversion des Vorgängers um volle 13 Zentimeter.

Das eigentliche Highlight in der zweiten Reihe ist aber zweifellos der 31 Zoll große Theatre Screen, der mit Hilfe der kleinen Touchscreens in den Türen vom Dachhimmel heruntergelassen werden kann – zumindest dann, wenn bei der Bestellung anders als bei unserem Testwagen nicht auf das Fond Entertainment Experience oder gleich das Executive Lounge Paket verzichtet wurde. Erst mit diesem Paket wird der Platz hinten rechts unstrittig zur Nummer 1 an Bord, denn ohne das entsprechende Häkchen fehlt dem 7er leider auch ein relevanter Teil seines Hightech-Flairs.

Keine Rolle spielt die Fond-Ausstattung für das Erlebnis auf dem Platz vorne links: Hier gibt es zu keiner Sekunde Zweifel an der Luxus-Fokussierung der neuen 7er-Reihe. Sobald die Limousine Fahrt aufnimmt und beschleunigt, ist auch der Diesel akustisch präsent – im Regelfall natürlich nur als scheinbar ferne Begleitmusik, aber eben doch hörbar. Mit seinen 299 PS und 670 Newtonmeter Drehmoment Systemleistung ist der 740d stets souverän unterwegs, er kann aber weder mit der Spontanität und Vehemenz noch mit der Selbstverständlichkeit des lautlos nach vorn schießenden i7 mithalten.

So legt sich der Fokus von ganz allein auf eine etwas ruhigere Fahrweise, die eher Komfort als Dynamik in den Mittelpunkt rückt. Dank der serienmäßigen Zweiachs-Luftfederung, aber auch dank tatkräftiger Unterstützung der relativ weich gepolsterten Sitze, verschont der 7er seine Insassen selbst bei groben Unebenheiten vor harten Stößen und rollt fast immer sehr sanft ab. Er filtert dabei nicht jeden Kontakt zur Fahrbahn heraus, gibt sämtliche Anregungen aber nur gedämpft weiter. So tragen auch Fahrwerk und Lenkung ihren Teil dazu bei, dass der rund 2,2 Tonnen schwere 740d nicht zum sportlichen Fahren animiert.

Wer den Sport-Modus aktiviert, erweckt eine durchaus andere Seite der Limousine zum Leben – aber natürlich machen das schärfere Setup von Getriebe und Fahrwerk genau wie der nun mit Hilfe der Lautsprecher verstärkte Sound des Reihensechszylinders oder die rot und blau leuchtende Interaction Bar den 740d nicht zum Sportwagen. In Summe sorgen sie aber zweifellos dafür, dass der 7er seiner stattlichen Abmessungen zum Trotz erheblich agiler und angriffslustiger wirkt, ohne dabei das Niveau des steiferen und vom wesentlich niedrigeren Schwerpunkt profitierenden i7 zu erreichen.

Nicht nachvollziehbar ist, wieso man in einem Fahrzeug mit derart vielen iDrive-Einstellungen nicht die Option hat, den Antrieb des Sport-Modus mit dem regulären Getriebe-Setup zu kombinieren: Zumindest mit dem aktuellen Softwarestand führt die sportlichere Gaspedal-Kennlinie immer auch dazu, dass der 740d sehr lange in niedrigen Gängen bleibt und erst spät in höhere Gänge wechselt, wenn man nicht permanent mit den Schaltwippen am Lenkrad nachjustiert.

Wer es im Alltag ruhig angehen lässt und auch auf der Autobahn darauf verzichtet, die 250 km/h Höchstgeschwindigkeit des Diesel-7ers regelmäßig auszuprobieren, kann die schwere Luxuslimousine erstaunlicherweise mit rund 7 Liter Kraftstoff auf 100 Kilometer bewegen. 1.000 Kilometer Reichweite und mehr sind so problemlos mit einer Tankfüllung realisierbar und auch bei zügigen Langstrecken-Touren auf der linken Spur wird es bei Start mit vollem Tank nur selten erforderlich sein, vor der Ankunft erneut zu tanken. Gerade hier liegt der wesentliche Vorteil gegenüber dem BMW i7, dessen Akku zumindest bei Reise-Geschwindigkeiten von deutlich über 150 km/h deutlich schneller nach einem Zwischenstopp verlangt.

Unterm Strich ist der neue BMW 740d (G70) ein überzeugendes Angebot für alle, die sich maximalen Komfort und einen einzigartigen Auftritt wünschen. Er punktet dabei auch mit der entspannenden Gewissheit, dass sich fast immer noch genügend Diesel für so gut wie jedes Ziel im Tank befindet. Im Vergleich zu früheren Diesel-7ern, die natürlich ebenfalls über 1.000 Kilometer Reichweite boten, kombiniert er diese Fähigkeit mit einem nochmals höheren Level an Fahr- und Geräuschkomfort. Der wichtigste Insasse sitzt dabei regelmäßig hinten rechts, genießt dort einen veritablen mobilen Arbeitsplatz im Stau oder auf Langstrecke – und sollte sich angesichts von 116.000 Euro Grundpreis auch den Aufpreis für den Theatre Screen gönnen, denn dieser wertet das Interieur mit einem auf absehbare Zeit konkurrenzlosen Feature nochmals deutlich auf und fehlt dem 7er, wenn man die Limousine schon einmal mit ihm erlebt hat.

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