AC Schnitzer: Entwicklungsleiter Roman Fenners im Interview

BMW 5er | 11.08.2011 von 12

Bei unserem Besuch in Aachen hatten wir auch die Gelegenheit, ein kurzes Gespräch mit Roman Fenners zu führen und uns dabei über die jüngsten Kreationen …

Bei unserem Besuch in Aachen hatten wir auch die Gelegenheit, ein kurzes Gespräch mit Roman Fenners zu führen und uns dabei über die jüngsten Kreationen von AC Schnitzer zu unterhalten. Roman Fenners ist Leiter der Entwicklung und außerdem für den Einkauf des Aachener Tuners verantwortlich, was ihn zu einem idealen Gesprächspartner für alle technischen Fragen macht.

Natürlich haben wir uns dabei nicht darauf beschränkt, die Fahrzeuge der Vergangenheit zu besprechen, sondern auch einen Blick auf generelle Aspekte wie das Design und die Garantie bei getunten Fahrzeugen sowie auf kommende Entwicklungen aus Aachen geworfen.

BimmerToday.de: Auf dem Genfer Salon im März hat AC Schnitzer gleich zwei Studien präsentiert, den ACS5 Sport S auf Basis der 5er Limousine und den ACS 99d mit Dieselmotor auf Basis des BMW Z4. Welches der beiden Konzepte hat mehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen und wie sind die Reaktionen generell ausgefallen?
Roman Fenners: Da wir weltweit operieren, wollen wir natürlich auch verschiedene Märkte bedienen. Das Konzept 99d richtete sich vor allem an die europäische Kundschaft, für Märkte wie China und den Mittleren Osten ist ein solches Auto aber weniger geeignet, weil dort andere Vorstellungen hinsichtlich der Motorleistung dominieren. Für diese Klientel ist der ACS5 Sport S die attraktivere Option und wir haben auf der Messe mit unseren beiden Fahrzeugen auch beide Klientels sehr gut erreicht. Für uns war es wichtig zu zeigen, das zu einem theoretischen Verkaufspreis von 149.000 Euro zwei komplett unterschiedliche, aber technisch jeweils sehr anspruchsvolle Lösungen realisiert werden können.

BimmerToday.de: BMW sträubt sich bis heute, den Z4 Roadster mit Dieselmotor anzubieten und hat uns gegenüber auch bekräftigt, das ein solcher Motor für den E89 nicht geplant ist. Haben sie konkrete Anfragen für den ACS 99d erhalten oder gibt es schlicht keinen Markt für die Kombination von Roadster und Selbstzünder?
Roman Fenners: Wir hatten durchaus Anfragen von potentiellen Kunden, aber es handelt sich beim ACS 99d um ein Konzeptauto, das nicht verkäuflich ist. Es ging darum, bestimmte Ideen ein wenig voranzubringen, aber wir selber werden dieses Auto nicht bauen, schon weil es sich selbst zum theoretischen Preis von 149.000 Euro kaum wirtschaftlich realisieren ließe.

BimmerToday.de: Wie ist das erste Feedback zum ACS5 Sport S ausgefallen? War die Zielstellung von Anfang an ein Kompromiss zwischen Sportlichkeit und Komfort oder stand eines der beiden Ziele ganz klar im Mittelpunkt?
Roman Fenners: Wir wollen diesen Spagat natürlich schaffen, aber der Fokus liegt bei uns auf der Sportlichkeit. Unsere Entstehungsgeschichte ist eng mit dem Motorsport verknüpft und unser Ziel ist es immer, den Motorsport auf die Straße zu bringen und ihn für den Kunden mit Straßenzulassung erlebbar zu machen. Der neue 5er ist sicherlich nicht mehr ganz so sportlich ausgelegt wie sein Vorgänger, aber unser ACS5 Sport S setzt genau hier an und sorgt für einen deutlich sportiveren Eindruck, was unsere Zielgruppe auch sehr zu schätzen weiß. Anders als beim 99d stand eine Gewichtsreduzierung für uns nicht im Mittelpunkt, aber durch die Abgasanlage und die Sitze haben wir auch hier ein paar Kilogramm aus dem Auto geholt. Wenn man mit dem Auto Langstrecke fährt, ist der Komfort dank der ergonomisch geformten Sitze trotz der geringeren Verstellmöglichkeiten sehr hoch, denn natürlich muss so ein Auto auch einen gewissen Luxus und Komfort bieten.

BimmerToday.de: Wieviel Gewicht konnte konkret eingespart werden?
Roman Fenners: Beim ACS5 Sport S sprechen wir von etwa 50 Kilogramm.

BimmerToday.de: Den größeren Anteil an den besseren Fahrleistungen hat sicherlich die Erhöhung der Motorleistung von 407 auf 540 PS, wie wurde diese Leistungssteigerung erzielt?
Roman Fenners: Wir verwenden komplett neue Turbolader, eine komplett neue Abgasanlage und natürlich eine entsprechend angepasste Motorelektronik, die auch eine Aufhebung der Höchstgeschwindigkeitslimitierung auf 250 km/h beinhaltet und eine Höchstgeschwindigkeit von 320 km/h ermöglicht. Kolben, Pleuel und Kurbelwelle entsprechen der Serie, der Motor muss für die Leistungssteigerung also nicht geöffnet werden.

BimmerToday.de: Die Turbolader des N63 sind im V der Zylinderbänke untergebracht, hat diese Anordnung größere thermische Probleme verursacht?
Roman Fenners: BMW hat hier natürlich massive Vorarbeit geleistet, weshalb es für uns gut beherrschbar war. Hier hat man viel Aufwand getrieben, um die Wärme zwischen Schottwand und Motor abzuleiten. Da auch die Katalysatoren dicht an den Turbos und somit im V untergebracht sind, ist das natürlich schon eine anspruchsvolle Aufgabe. Wir verwenden hier übrigens auch einen 200-Zellen-Motorsport-Kat, während BMW 600-Zellen-Kats verwendet.

BimmerToday.de: Haben die Entlüftungsöffnungen auf der Motorhaube mit der Thermik zu tun oder sind diese Teile eher kosmetischer Natur? Wäre die Leistungssteigerung auch ohne diese Öffnungen möglich?
Roman Fenners: Diese Öffnungen sind eher kosmetischer Natur, eine technische Notwendigkeit besteht nicht. Für eine effiziente Lösung müsste man deutlich großflächigere Rippen mit langen Leitblechen verbauen, damit die Wärme aus dem Motorraum gesaugt werden kann.

BimmerToday.de: Soll sich der ACS5 Sport S in absehbarer Zeit auch dem Supertest der sport auto oder vergleichbaren Tests unterziehen?
Roman Fenners: Das ist für die nähere Zukunft geplant, ja.

BimmerToday.de: Haben Sie auch selbst Erprobungsfahrten auf der Nordschleife gemacht?
Roman Fenners: Wir haben sowohl auf der Nordschleife als auch auf unserem Parcours hier im Aachener Umfeld getestet, wobei die Tests hier vor allem zum Erstellen eines Vor-Setups für die Nordschleife dienen.

BimmerToday.de: Wie sehen Sie Ihr Produkt im Vergleich zu anderen starken 5er-Derivaten wie dem BMW M5 oder dem Alpina B5 Biturbo positioniert?
Roman Fenners: Nachdem ich kürzlich in Estoril beide Autos testen konnte, denke ich, dass unser Auto etwas sportiver als der Alpina B5 Biturbo aufgestellt ist. Das ist natürlich eine Philosophie-Frage und der Alpina ist eben stärker als Komfort- und Reisefahrzeug ausgelegt.
Im Vergleich zum BMW M5 F10 ist bisher davon auszugehen, dass der Motor des BMW stärker sein wird. Dazu muss man aber sagen, dass unser Auto auch entwickelt wurde, um die zeitliche Lücke zwischen Erscheinen des 5ers und des M5 zu schließen und wir haben viele Kunden gehabt, die bei ihrem 5er, X5 oder 5er GT einen Bedarf nach mehr Leistung gesehen haben. Unser Auto soll kein Gegner für den M5 sein, der ACS5 Sport S sollte vor allem eine momentan vorhandene Lücke schließen und wenn der neue M5 bei den Händlern steht, werden wir uns natürlich auch dem neuen M5 annehmen.

BimmerToday.de: Sie haben also bereits einige Kunden für die Technik des ACS5 Sport S gefunden?
Roman Fenners: Ja. Wir sind gerade dabei, eine spezielle Homologation für Deutschland zu machen, weil wir das Auto ursprünglich nur für den Export geplant hatten. Da der 550i in Deutschland generell nicht besonders stark verbreitet ist, haben wir hier auch keine besonders große Zielgruppe vermutet, aber wir haben in der letzten Zeit doch einige Anfragen erhalten.

BimmerToday.de: Worin lag im Nachhinein die größte Herausforderung bei der Entwicklung des Autos?
Roman Fenners: Die grundsätzliche Auslegung der neuen 5er-Reihe hat es nicht einfach gemacht, das Auto so sportiv zu bekommen, wie wir es gerne wollten. Wir mussten daher deutlich mehr Eingriffe als bei früheren 5er-Generationen machen, um die Lenkung und das Fahrwerk so zu gestalten, dass das von uns gewünschte Fahrerlebnis herauskommt. Wir wissen nicht, warum BMW diesen Weg hin zu mehr Komfort gegangen ist, aber für uns ist es so lange gut, wie wir es noch korrigieren können, ohne massivste Eingriffe ins Fahrwerk vornehmen zu müssen.
Natürlich war auch die Erhöhung der Motorleistung ein großes Thema, weil die Motronic mittlerweile von BMW verschlüsselt wird und auch die Prüfzyklen für einzelne Parameter heute exorbitant hoch sind. Um einen Motor zu überarbeiten, ist heute also ein riesiges Know-How erforderlich.

BimmerToday.de: Ist die Leistungssteigerung für den N63 auf 540 PS demnächst auch für andere Modelle als den 550i erhältlich?
Roman Fenners: Es ist auf jeden Fall denkbar, dass dieser Motor demnächst auch im 6er Cabrio und im 6er Coupé zum Einsatz kommt.

BimmerToday.de: In Sachen Garantie genießt AC Schnitzer in gewisser Weise eine Sonderrolle, weil man auch nach dem Tuning die Garantie von BMW genießt. Wie kommt es zu dieser Situation?
Roman Fenners: Es ist so, dass die Kunden nach dem Verbauen einer Leistungssteigerung von AC Schnitzer sogar eine Garantie genießen, während BMW ja nur eine Gewährleistung gibt. Sollte ein Schaden an einer von uns veränderten Baugruppe auftreten, greift unsere Garantie mit denselben Umfängen wie die Gewährleistung von BMW, weshalb sich für den Kunden der von Ihnen beschriebene Effekt einstellt. Unsere Garantie sichert alle Schäden ab, die in den ersten zwei Jahren nach Erstzulassung des Fahrzeugs auftreten, bis zu einer Reichweite von 100.000 Kilometern. Bei einer Leistungssteigerung umfasst die Garantie beispielsweise die gesamte Baugruppe Antriebsstrang inklusive Antriebswellen, Differenzialen, Motor und Getriebe.

BimmerToday.de: Viele Tuner stehen in dem Ruf, bei ihren Leistungssteigerungen auf Kosten der Haltbarkeit zu arbeiten. Wenn Sie eine derartige Garantie geben, haben Sie offensichtlich keine Zweifel bezüglich der Haltbarkeit ihrer Produkte. Wie erproben Sie ihre Komponenten, um die benötigte Standfestigkeit sicherzustellen?
Roman Fenners: Unsere Außendienstler fahren unsere Fahrzeuge mit sehr vielen Kilometern, aber neben diesen Praxistests haben wir auch Prüfstände bei Schnitzer Motorsport in Freilassing, wo die Motoren auf Herz und Nieren geprüft werden können.

BimmerToday.de: Gibt es bei Ihren Verkaufszahlen eine erkennbare Tendenz, ob mehr Leistungssteigerungen für Diesel- oder Ottomotoren gekauft werden?
Roman Fenners: Bis vor kurzem war hier der Markt für Diesel größer, aber mit dem Erscheinen der zahlreichen aufgeladenen Benziner lassen sich auch hier verstärkt Angebote machen, die auch einen spürbaren Vorteil für den Kunden bieten. Bei den bisherigen Saugmotoren war es für die Kunden deutlich schwieriger wahrnehmbar, wenn ihr Auto im obersten Drehzahlbereich einige PS mehr geboten hat. Da spielt uns BMW mit dem Wechsel zu den aufgeladenen Motoren ein wenig in die Karten, denn der Unterschied zwischen einem 135i mit 306 oder 380 PS ist auf den ersten Metern erlebbar.
Unabhängig davon, ob es sich um einen Benziner oder Diesel handelt, arbeiten die von uns überarbeiteten Motoren weiterhin mit sämtlichen serienmäßigen Schutzparametern. Von uns werden keinerlei Messprotokolle verfälscht oder angefasst, der Motor arbeitet also in seinem thermischen Wirkungsgrad genauso wie in der Serie. Wir bleiben dadurch stellenweise unter den Leistungsangaben unserer Wettbewerber, aber wir wollen das thermische Fenster der Serie auf keinen Fall verlassen.

BimmerToday.de: Bei AC Schnitzer unterscheiden sich die Fahrzeuge auch optisch relativ stark von der Serie. Wie wichtig ist das Thema Exklusivität für die Kunden, das auch über das Design vermittelt wird? Gibt es auch Kunden, die nur die Technik verbauen lassen, aber bei der Optik die Serie bevorzugen?
Roman Fenners: Es gibt beide Käuferschichten bei uns. Es gibt vor allem in Deutschland und Europa Kunden, die nicht auf die Leistung verzichten wollen, aber dennoch dezent unterwegs sein wollen. Es gibt aber auch viele Kunden, die auch nach außen dokumentieren wollen, dass sie ein individualisiertes und exklusives Fahrzeug fahren, das so nicht bei BMW erhältlich ist.

BimmerToday.de: Auch zum BMW 1er M Coupé wird es demnächst Teile von AC Schnitzer geben, können Sie dazu schon irgendetwas sagen?
Roman Fenners: Wir arbeiten bei den M-Fahrzeugen in der Regel sehr viel mit Sicht-Carbon, das wird auch beim 1er M so sein. Natürlich wird es auch spezielle Räder, ein perfekt abgestimmtes Fahrwerk und eine andere Abgasanlage geben. Diese Dinge ließen sich auch deshalb relativ schnell entwickeln, weil der Fahrwerksapparat große Ähnlichkeiten mit dem BMW M3 hat. Mit Blick auf die andere Gewichtsverteilung haben wir nur einige Kleinigkeiten am Setup verändern müssen.

BimmerToday.de: Der Motor des 1er M Coupé ist bereits aus dem Z4 sDrive35is bekannt, ist für das 1er M Coupé mit einer ähnlichen Leistungssteigerung durch AC Schnitzer zu rechnen?
Roman Fenners: Ja, die Zielsetzung unsererseits liegt im Bereich von rund 400 PS.

BimmerToday.de: Herr Fenners, wir danken Ihnen für das Gespräch!

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