G73 Praxis-Test: Unterwegs im gepanzerten BMW i7 Protection

BMW 7er, BMW i7 | 18.04.2024 von 0

Gepanzerte Fahrzeuge liegen im Trend – Elektroautos in vielen Ländern sowieso. BMW ist der erste Hersteller, der im 7er beide Trends unter einen Hut bringt.

Auf der Autobahn A9 Richtung Berlin sorgt der schwarze BMW 7er am Hermsdorfer Kreuz das erste Mal für Aufsehen. Bedienstete der dortigen Autobahnpolizei glotzen sich aus ihrem Streifenwagen nach dem vermeintlich unauffälligen i7 geradezu die Augen aus. Diskussionen zwischen den beiden Polizisten im Innern, denn sie haben die schwarze Luxuslimousine direkt als Panzerversion erkannt und wollen wohl wissen, welche bekannte Persönlichkeit bestens geschützt im Fond chauffiert wird. Nicht zu erkennen bei zentimeterdickem Panzerglas und elektrisch verschlossenen Jalousien.

Denn auch wenn es Marketingbroschüren und Werbeslogans anders verlautbaren wollen: eine Panzerlimousine ist durchaus als solche zu erkennen – zumindest auf den zweiten Blick und besonders für jene, die sich auskennen wie die beiden Ordnungshüter, die auf der A9 den Abzweig auf die Raststätte vorziehen und den BMW i7 Protection (G73) nun doch nicht kontrollieren wollen. Diesmal kein Transport einer gefährdeten Person aus Politik oder Wirtschaft, sondern eine reine Transferfahrt von München nach Berlin an einem sonnenreichen Sonntag.

Das alles geschieht im seichten Galopp, denn der schwarze BMW aus Dingolfinger Einzelfertigung trägt nicht allein das vermeintliche Geheimnis der schweren Panzerung nach Einstufung der Schutzklasse VR9 / VR10 in sich, sondern gleich noch zwei Elektromotoren an Vorder- und Hinterachse. Das macht den 4,5 Tonnen schweren Koloss langsamer als ohnehin schon, denn bei müden 160 km/h wird elektronisch abgeriegelt – trotz 400 kW / 544 PS. Der Grund erscheint eher vorauseilender Gehorsam, denn wer mit einem Elektroauto – und besonders mit einem solch tonnenschweren Koloss – schnell fährt, den betraft die Reichweitenanzeige schneller als es ihm lieb ist.

Die Schutzkolonnen in Deutschland und einigen anderen Ländern sind jedoch auch ohne blinkende und blitzende Sonderzeichen in blau oder blau-rot oft in Geschwindigkeiten weit jenseits der 160 km/h unterwegs. „Ganz ehrlich – was soll das?“, so ein langjähriger Personenschützer als Nordrhein-Westfalen, „wir sind auf den Verbindungsstrecken zwischen Terminen mit zwei oder mehr Fahrzeugen oftmals deutlich schneller unterwegs.“ Stören wird das im Alltag jedoch kaum einen Politiker, keinen Wirtschaftsführer und auch nicht die Entwicklungsverantwortlichen von BMW.

Denn der elektrisch angetriebene BMW i7 Protection ist bevorzugt für den sicheren Transport innerhalb von Städten und Großräumen gedacht. Vom Flughafen zur Versammlungshalle oder der Parteizentrale zur Fernsehsendung – das wars. Wer auf längeren Strecken reist, ist mit einem Verbrenner unterwegs und auch diesen bietet BMW als 390 kW / 530 PS starken Schwerpanzer an. Und der ist dann mit bis zu 210 km/h autobahntauglicher unterwegs.

Der elektrische Schwerpanzer dürfte jedoch gerade in der Politik seine Fürsprecher finden, denn viele Politiker steigen seit Jahren kurz vor dem Termin mit Öffentlichkeitswirkung vom gepanzerten Modell auf eine vermeintliche Ökoversion mit Hybridantrieb oder gar ein reines Elektroauto um, um einen nachhaltigen Eindruck zu vermitteln. Die betroffenen Personenschützer raufen sich die Haare, weil jeder Umstieg in ein ungepanzertes Fahrzeug Gefahrenpotenziale in sich trägt. Doch was tun die Politiker nicht alles für ein grünes Gewissen, um Wählerstimmen zu locken?

Auf der A9 zieht der i7 entspannt seine Bahn und die Autobahn ist so leer, dass nicht einmal geheime Gelüste auftauchen, sich mit Hilfe der blauen Flasher in Frontgrill und Seitenspiegeln durch einen möglichen Stau zu drücken. Das aufsteckbare Blaulicht ist in einer speziellen Halterung ohnehin im Kofferraum versteckt.

Während die direkte Konkurrenz von Audi A8 und Mercedes S-Klasse als Schwerpanzer der Beschussklasse VR9 / VR10 allein mit Verbrennungsmotoren zu bekommen ist, ist BMW der erste, der seinen rund 500.000 Euro teuren Panzer-7er nun auf Wunsch mit zwei Elektroantrieben ausstattet. Die passen prächtig zum Einsatzgebiet für gefährdete Personen, denn im Innern bietet der umfangreich gepanzerte 7er kaum Unterschiede zum normalen Luxusmodell.

Die Leistung reicht aus, um notfalls aus jeder Gefahrensituation zu entkommen und gerade die stattlichen 745 Newtonmeter bringen Souveränität in den Vortrieb des Panzerkreuzers. Der i7 säuselt leicht und geräuschlos vor sich hin – Dauerregen und Hagel – die Panzerung dämmt das ebenso hinfort wie alle Fahrgeräusche. Auf der über 600 Kilometer langen Strecke von München nach Berlin heißt es jedoch nicht allein Rücksicht nehmen auf das früh abgeregelte Maximaltempo, sondern auch auf die drei Ladestopps.

Dank des über 100 kWh großen und gegen Minen sowie Beschuss gesicherten Batteriepakets im Unterboden sind bis zum nächsten Ladestopp immerhin rund 300 Kilometer drin. Für ein 4,5 Tonnen schweren Panzer hätte man sich das auch schlimmer vorstellen können und mit knapp 33 kWh / 100 Kilometer liegt der Realverbrauch nur unmerklich über den versprochenen 30 kWh. Etwas mehr Ladegeschwindigkeit als die knapp 200 kW am Hypercharger wären jedoch auch im Innenstadtbetrieb eine sinnvolle Lösung, die jedoch ein 800-Volt-Bordnetz voraussetzt, das BMW aktuell nicht anbietet. 

Bei etwas volleren Straßen surrt der düstere Koloss über die A 100 und den Ku’Damm, ehe er im Regierungsviertel auf einige seiner benzinbetriebenen Kollegen trifft, die hinter dem Reichstag und am Kanzleramt auf ihre wertvolle Personenfracht warten. Gefertigt wird das 5,39 Meter lange Sicherheitsdoppel in einem aufwendigen Manufakturprozess in Dingolfing. Für die Sicherheit der Insassen sorgen nach der Schutzklasse VR9 eine selbsttragende Karosseriestruktur aus Panzerstahl, kombiniert mit gesicherten Türen, Unterboden- und Dachpanzerung sowie Sicherheitsverglasung. Diese Scheiben erfüllen dabei die Anforderungen der höchsten Widerstandsklasse VPAM 10 für zivile Sonderschutzfahrzeuge.

Die Verbrennerversion des BMW 7er Protection verfügt zudem über einen auslaufhemmenden Kraftstofftank und ist auf besonderen Wunsch auch mit Karosserieschutzpanzerungen nach VPAM 10 aufrüstbar, die gegen den Beschuss mit Sprengladungen und Schusswaffen verschiedenster Art schützen sollen. Der 20-Zoll-Radsatz verfügt über ein Pax-System mit Notlaufeigenschaften, die die Weiterfahrt bei defekten Reifen ermöglicht. Bei flotter Fahrt kommen die Räder jedoch deutlich schneller an ihre Grenzen als normale Pneus.

Waren die Panzerfahrzeuge früherer Generation an der Mittelkonsole und hinter diversen Klappen mit einem Wirrwarr an Schaltern für Gegensprechanlage, Dachlicht, Flashern oder Feuerlöscheinrichtungen versehen, so bietet der BMW i7 Protection keinen nennenswerten Unterschied zum Standardmodell. Allein über eine Funktion im zentralen Touchscreen gelangt der Chauffeur in ein Sondermenü, das Zugriff auf die Sonderfunktionen gibt. Sogar die Türen lassen sich auf Knopfdruck elektrisch schließen, während bei den meisten Panzerversionen allein der Fahrer sein zentimeterdick gepanzertes Seitenfenster als Dokumentendurchreiche oder für ein Parkticket einige Zentimeter öffnen kann. Im Fond gibt es den bekannten Luxus für den zu sichernden Gast, der sich auf klimatisierten Ledersitzen mit Massagefunktion auf den nächsten Termin vorbereiten kann. Bestens geschützt.

Text: Stefan Grundhoff; press-inform

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