Doppel-Fahrbericht: Unterwegs mit BMW M3 F80 und BMW M4 F82

BMW M4, Fahrberichte | 12.05.2014 von 39

Nachdem wir vor wenigen Tagen am Steuer des BMW i8 die sportlichste Seite der Submarke BMW i erleben durften, folgte heute die derzeit schärfste Seite …

Nachdem wir vor wenigen Tagen am Steuer des BMW i8 die sportlichste Seite der Submarke BMW i erleben durften, folgte heute die derzeit schärfste Seite der von Haus aus für Dynamik zuständigen BMW M GmbH: Endlich konnten wir uns davon überzeugen, was die neue BMW M3 Limousine F80 und das erste BMW M4 Coupé F82 abseits ihren guten Gene und der fraglos gelungenen Optik zu bieten haben.

Das angetretene Erbe ist dabei alles andere als dankbar, denn mit dem Vorgänger ging auch der auf absehbare Zeit letzte Saugmotor der BMW M GmbH in den Ruhestand – an die Stelle des Hochdrehzahl-V8 rückt nun ein Biturbo-Sechszylinder mit einem Liter weniger Hubraum.

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Der Verlust des Achtzylinders ist auch der erste Eindruck, der einem nach dem Start des neuen Motors durch den Kopf geht: Zwar klingt der neue Sechszylinder-Motor kernig und selbstbewusst, aber an das unverwechselbare und nicht nur dank der geringeren Verbreitung auch speziellere Klangbild des V8 reicht er nicht heran.

Auf der Haben-Seite dieser Sound-Problematik steht die Tatsache, dass der neue Motor akustisch an das Triebwerk der vierten Generation erinnert – nicht ganz so metallisch, aber scheinbar verwandt. Abgesehen davon bietet das Triebwerk allerdings einen komplett anderen Eindruck, denn während die Vorgänger stets nach Drehzahl gierten und erst jenseits der 6.000 Umdrehungen so richtig erwachten, präsentiert sich der neue Biturbo-Motor trotz kleinerem Hubraum in jeder Lebenslage erheblich druckvoller.

Spätestens ab 3.500 Kurbelwellenumdrehungen pro Minute liegt so viel Power an, dass der Wechsel in einen niedrigeren Gang nur selten Sinn ergeben dürfte – zumindest abseits der Rennstrecke oder in anderen Ausnahmesituationen, in denen Sekundenbruchteile von Bedeutung sind. Andererseits: Mit dem 7-Gang-DKG ist der Gangwechsel per Schaltwippe beinahe verzögerungsfrei umgesetzt, wird mit einem Zwischengasstoß belohnt und vermittelt eine direktere Verbindung mit der Technik.

Letztere ist bei einem Sportwagen besonders wichtig, denn nur mit Vertrauen ins Fahrzeug lassen sich Ausflüge in Richtung Grenzbereich wirklich genießen. Jeweils drei Einstellungen für die Charakteristik von Gaspedal, Lenkung, Dämpfung und Schaltung ermöglichen es jedem Fahrer, das Fahrzeug exakt an die eigenen Wünsche anzupassen. Und weil diese Wünsche nicht immer identisch sind, gibt es am Lenkrad gleich zwei M-Tasten in Reichweite des linken Daumens – so lässt sich mit einem einzigen Tastendruck das bevorzugte Setup für unterschiedliche Situationen aktivieren.

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Während die neue BMW M3 Limousine genau wie das BMW M4 Coupé zunächst im Comfort-Modus erwacht und seine Stärken als sportliches Alltagsauto präsentiert, verändert sich die Charakteristik mit den schärferen Einstellungen deutlich. Die Lenkung verlangt mehr Kraftaufwand und bietet zugleich mehr Rückmeldung, Gaspedal-Befehle werden erheblich spontaner umgesetzt, die Dämpfer geben Fahrbahnunebenheiten spürbar ungefilterter an die Insassen weiter, das DKG hält niedrige Gänge auch im D-Modus sehr lange und schaltet frühzeitig wieder in einen niedrigeren Gang.

Mit diesem Sport Plus-Setup werden F80 und F82 zwar nicht zum Rennwagen, sie gehen aber einen großen Schritt in diese Richtung. Dabei hilft nicht nur das auf unter 1,5 Tonnen reduzierte Gewicht, sondern auch der erstmals starr mit der Karosserie verschraubte Hinterachs-Träger. Gerade die Hinterachse ist es, die mit viel Traktion beeindruckt und auch dank des aktiven M Differenzials das vor allem bei niedrigen Drehzahlen deutlich höhere Drehmoment souverän auf die Straße bringt, wenn man nicht mit plötzlichen Vollgas-Attacken am Kurvenausgang nach einem ausbrechenden Heck verlangt.

Im normalen Fahrmodus greift die Dynamische Stabilitätskontrolle DSC bei solchen Aktionen zuverlässig ein und verhindert ein Ausbrechen des Hecks. Der mit einem Tastendruck aktivierte M Dynamic Mode ist weniger rigoros und dürfte den meisten Fahrern einen angenehmen Kompromiss aus Sicherheit und Fahrspaß bieten, denn kleinere Drifts sind hier bereits problemlos möglich. Wer keine Lust auf die elektronische Sicherheitsleine hat, kann ESP natürlich auch beim neuen M3 komplett deaktivieren.

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Beim Erkunden des Grenzbereichs vermitteln die in einem Zeitraum von 19 Monaten zielgenau auf die neuen M-Modelle abgestimmten Michelin Pilot Super Sport-Reifen ein enormes Maß an Vertrauen, gerade in engen Kurven beeindrucken BMW M3 und M4 mit einem äußerst agilen Einlenkverhalten. Untersteuern ist beiden Modellen auf frischen Reifen weitestgehend fremd – nur wer Kurven mit viel zu hoher Geschwindigkeit angeht, überlastet die Vorderräder.

Damit es nicht so weit kommt, war bei unseren Testfahrzeugen die optionale M Carbon-Keramik-Bremse mit ihren goldenen Bremssätteln verbaut. Auf jeweils drei Runden mit M3 und M4 in Portimão zeigte die Bremse keinerlei Schwächen und ließ sich von den auf der Rennstrecke üblichen Belastungen nicht aus der Ruhe bringen, sowohl das Pedalgefühl als auch die Bremsleistung zeigten sich völlig unbeeindruckt – ein erheblicher Fortschritt im Vergleich zu früheren M3-Generationen. Im schnell gefahrenen Alltag auf öffentlichen Straßen dürfte die serienmäßige Bremse dennoch völlig ausreichend sein.

Großes Vergnügen bereitet auf der Rennstrecke auch der neue Biturbo-Reihensechszylinder S55, an dessen Sound man sich schnell gewöhnt hat. Besonders in langgezogenen Kurven profitieren M3 und M4 vom breiteren nutzbaren Drehzahlband: Wo die Vorgänger stets nach einem Abwägen zwischen maximaler Power und einem unvermeidlichen Gangwechsel durch das Erreichen der Höchstdrehzahl verlangten, kann man in der neuen Generation ohne spürbaren Verlust an Vortrieb den niedrigeren Gang wählen und souverän durchbeschleunigen. Und: Mit seiner Maximal-Drehzahl von 7.600 U/min ist der S55 keineswegs ein Feind hoher Drehzahlen, auch wenn er dabei weder die 8000er-Marke knackt noch die faszinierende akustische Vielfalt seiner Vorgänger bietet.

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Das Streben nach geringerem Gewicht geht erfreulicherweise nicht auf Kosten der Innenraum-Qualität, denn abgesehen von den leichten Schalensitzen der BMW M3 Limousine F80 ist praktisch nichts von der Diät erkennbar. Die zweifarbige Leder-Ausstattung und das vollständig belederte Armaturenbrett mit edlen Kontrastnähten vermitteln einen Qualitätseindruck, wie er von den Kunden in dieser Preisklasse mit Recht erwartet wird.

Wer nach erfahrbaren Unterschieden zwischen M3 und M4 sucht, ist lange beschäftigt. Angesichts der enormen technischen Nähe beider Fahrzeuge ist es vor allem die Sitzposition, die für einen marginal anderen Fahreindruck sorgt – allerdings auch nur, wenn man direkt von einem Auto ins andere umsteigt und bewusst darauf achtet. So bleiben letztendlich die typischen Alltags-Vorzüge einer viertürigen Limousine und der optisch dynamischere Auftritt eines Coupés, die für das eine oder andere Modell sprechen. Keinen Einfluss auf die Entscheidung zwischen BMW M3 Limousine F80 und BMW M4 Coupé F82 dürfte der Preis nehmen, denn mit Grundpreisen von 71.500 und 72.200 Euro liegen M3 und M4 praktisch auf Augenhöhe.

Ob sich der Umstieg für Fahrer der letzten Generation E92 lohnt, hängt von den persönlichen Vorlieben und Prioritäten ab: Wer nicht auf V8-Sound verzichten will, kann sich die Frage selbst beantworten. Wer hingegen regelmäßig auf der Rennstrecke unterwegs ist und dabei die Stoppuhr mitlaufen lässt, erhält mit der fünften Generation das in allen Performance-Belangen überlegene Paket. Hinzu kommen das modernere Infotainment, die umfangreichere Sicherheitsausstattung und der niedrigere Verbrauch. Ein Kostverächter ist der M3 allerdings trotz Downsizing nicht geworden, bei forcierter Landstraßenfahrt sind auch weiterhin Verbräuche im Bereich von 20 Liter auf 100 Kilometer realistisch.

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