Technische Details zum V12-Motor N74 aus 760i / 760Li

BMW 7er | 30.07.2009 von 16

Nach unseren Ausführungen zum neuen SingleTurbo-Benziner N55 im BMW 535i GT, dem aus dem 123d und anderen Modellen bekannten Biturbo-Diesel N47 S sowie dem V8-Biturbo …

Nach unseren Ausführungen zum neuen SingleTurbo-Benziner N55 im BMW 535i GT, dem aus dem 123d und anderen Modellen bekannten Biturbo-Diesel N47 S sowie dem V8-Biturbo S63 aus BMW X5 M und BMW X6 M ist heute die Krönung der BMW-Motorenpalette an der Reihe.

Während andere Hersteller wie Mercedes sich aufgrund niedriger Stückzahlen aus der Entwicklung neuer V12-Motoren zurückgezogen haben, hat BMW nämlich noch einmal einen völlig neuen “Zwölfender” aufgelegt. Dieser kommt in zwei verschiedenen Ausbaustufen zum Einsatz.

Während er im BMW 760i F01 / 760Li F02 mit 400 kW / 544 PS arbeitet, gibt es auch eine 420 kW / 570 PS starke und mit größerem Hubraum gesegnete Variante des Motors für den Rolls Royce Ghost. Unser Augenmerk soll hier aber ausschließlich auf der 400 kW-Variante liegen, da die Unterschiede ohnehin eher gering sind. Neben der Hubraumerweiterung unterscheidet sich die 420 kW-Variante vor allem durch ein anderes Motor-Mapping, wodurch dem Motor schon in besonders niedrigen Drehzahlregionen fast die gesamte Leistung zur Verfügung steht.

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Wie bei allen Zwölfzylindern findet sich auch beim N74 eine außergewöhnliche Laufruhe, die durch die hohe Anzahl an Zylindern sowie durch die Anordnung der Zylinderbänke in Form von zwei mal sechs Zylindern in Reihe verursacht wird. Der Zylinderbankwinkel des neuen Triebwerks liegt übrigens bei 60°, wodurch der neue Motor sich bezüglich des Schwingungsverhaltens so nahe wie möglich am physikalischen Optimum bewegt.

Der Komfort wird dadurch gesteigert, dass der Motor in jeder Lebenslage absolut ausreichende Leistungsreserven zur Verfügung stellt. Sind Motoren mit sechs Litern Hubraum generell nicht leistungsschwach, so setzt der N74 dank zweier Turbolader noch einmal eins drauf. Das Drehmomentdiagramm sieht dann auch dementsprechend aus:

drehmomentdiagramm-760i-v12-biturbo

Bereits ab einer Drehzahl von 1.500 U/min liegt ein Drehmoment von 750 Newtonmetern an – deutlich mehr, als viele andere Motoren maximal zu bieten haben. Schon an diesen Zahlen lässt sich erkennen, wie souverän sich der neue Motor fahren lässt.

Auch gegenüber seinem Vorgänger wurden alle relevanten Werte noch einmal signifikant verbessert. Der neue Motor bietet 73 kW / 99 PS mehr Leistung, hat ein um 150 Newtonmeter höheres maximales Drehmoment und verbraucht dabei rund einen halben Liter weniger Kraftstoff. Damit konnte auch der CO2-Ausstoß um fast 30 Gramm und damit fast zehn Prozent gesenkt werden. Zusätzlich konnten auch die Fahrleistungen um rund eine Sekunde für den Standardsprint verbessert werden.

Aber nicht nur diese auf den ersten Blick erkennbaren Dinge konnten verbessert werden, auch das Ansprechverhalten und die Motorakustik wurden noch einmal optimiert. Wer jemals einen BMW 760i der Generation E65 gefahren ist, weiß derartige Ergebnisse richtig einzuschätzen.

Die von BMW angegebenen Verbrauchswerte von 12,9 beziehungsweise 13,0 l/100 km sind im Konkurrenz-Umfeld unerreicht. Während der Audi A8 W12 14,7 l/100 km benötigt, wird der Mercedes S600 mit 14,3 l/100 km angegeben. Die Werte des neuen BMW 760i / 760Li liegen aber nicht nur unter den Werten der V12-Konkurrenz, sondern auch unter denen leistungsschwächerer Sportmodelle wie Mercedes S63 AMG und Audi S8.

Aber zurück zum N74: Viele Maßnahmen tragen dazu bei, neben dem Verbrauch auch das Schwingungsniveau auf ein zuvor unerreichtes Niveau zu drücken. Dazu gehört vor allem eine extrem stabile Bauweise des Motorblocks. Die erreichte Steifigkeit verhindert Schwingungen und wurde dennoch nicht mit zusätzlichem Gewicht erkauft.

Wie beim Vorgänger hat jeder der zwölf von Aluminiumkolben “bewohnten” Zylinder ein Volumen von 497,7 cm³, womit man dem konstruktiven Optimum von 500 cm³ je Zylinder extrem nahe kommt. Das Verdichtungsverhältnis von 10,0:1 ist für einen aufgeladenen Motor ungewöhnlich hoch.

Ähnlich wie bei N55 und S63 kommt auch beim N74 die TwinPower-Technologie zum Einsatz. Diese haben wir zwar schon andernorts erklärt, aber manchmal soll eine doppelte Erklärung ja besser halten. Der Grundgedanke hinter TwinPower ist der, mit nur einem Turbolader den Effekt zweier unterschiedlich großer Lader zu erreichen.

Dieses Ziel wird durch zwei unterschiedlich große Kammern in jedem Turbolader erreicht, die sich entsprechend ihrer Größe unterschiedlich schnell mit Abgas füllen. Dank der schnell befüllten kleineren Kammer kann der Lader schon bei wenig Abgasgegendruck beginnen zu arbeiten. Die größere Kammer sorgt dafür, dass die später zur Verfügung stehende größere Abgasmenge ideal genutzt werden kann.

Im Fall des N74 kommen wie im S63 sogar zwei Turbolader zum Einsatz, die diese Technologie verwenden. Wenig überraschend kommt TwinPower oder eine vergleichbare Technik im neuen BMW-Triebwerk erstmals in einem V12 zum Einsatz.

Wie schon beim N55 gibt es auch beim N74 die Kombination von TwinPower mit der High Precision Injection HPI. Die Kombination beider Technologien sorgt für ein außergewöhnlich gutes Verhältnis von Ansprechverhalten, Leistung und Verbrauch.

Im Gegensatz zur Anordnung beim V8-Biturbo liegen die Turbolader nicht im Inneren des V, sondern sind gewissermaßen unterhalb der Zylinderbänke an der Außenseite des Motors angebracht. Das ist bei folgendem Bild gut erkennbar:

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Die Abgase der zwölf Zylinder werden zentral gesammelt. Dabei besitzt jede Zylinderbank zwei Abgaskrümmer für jeweils drei Zylinder. Allerdings fand hier nicht die naheliegende Variante Verwendung, jeweils die drei äußeren Zylinder zusammenzuführen.

Stattdessen wurde die Auswahl ähnlich wie beim V8-Motor S63 von der Zündfolge abhängig gemacht, womit eine besonders gleichmäßige Abgaszufuhr zu den Turboladern gewährleistet ist. Diese Bauweise trägt zu einem weiter verbesserten Ansprechverhalten der Turbolader bei und minimiert folglich das Turboloch.

Das Ergebnis kann man vielleicht am Besten mit einer Konfiguration mit vier Turboladern vergleichen, zwei kleinen für niedrige Drehzahlen und zwei großen für maximale Leistung. Dank TwinPower erreicht man diesen Effekt aber schon mit zwei Turboladern, die naturgemäß weniger Bauraum als vier benötigen.

Die Direkteinspritzung HPI spritzt den Kraftstoff mit bis zu 200 bar in die Brennkammern. Der Treibstoff wird dabei so fein zerstäubt, dass die Verbrennung so effizient und sauber wie möglich abläuft. Um diesen Druck stetig liefern zu können, besitzt jede Zylinderbank ihre eigene Kraftstoffpumpe.

Wie bei modernen BMW-Motoren üblich verfügt auch der neue N74 über die stufenlose Nockenwellensteuerung Doppel-VANOS, die vor allem im Teillastbetrieb für Verbrauchsvorteile sorgt. Grade bei einem Motor mit derartigen Leistungsreserven ist eine Optimierung des Teillastbetriebes besonders sinnvoll, denn normalerweise ist das Abrufen des vollen Potentials so gut wie nie notwendig.

Ein ausgeklügeltes Kühlsystem trägt dazu bei, dass der Motor trotz seines großen Hubraums relativ schnell seine optimale Betriebstemperatur erreicht. Gegenüber dem Vorgänger konnten auch hier signifikante Fortschritte erzielt werden. Die ideale Betriebstemperatur ist auch für die Qualität der Abgase wichtig, denn in der Startphase ist das Erreichen der zulässigen Grenzwerte besonders anspruchsvoll.

Die eben genannten Fortschritte sowie die heutzutage übliche motornahe Anordnung der Katalysatoren sorgen dafür, dass auch der neue V12-Motor die Grenzwerte der EU5-Abgasnorm sowie der amerikanischen Richtlinie ULEV II unterbietet.

Die im Bereich des Nachschalldämpfers angebrachten Abgasklappen ermöglichen außerdem eine an die jeweilige Fahrsituation angepasste Akustik. Der Motor tritt also nur dann hörbar in Erscheinung, wenn der Fahrer entsprechend sportlich unterwegs ist. Ansonsten zeichnet sich der V12 durch außergewöhnliche Laufruhe aus und ist im Leerlauf praktisch nur am Drehzahlmesser als arbeitend zu erkennen.

Zum Abschluss gibt es noch einmal eine Galerie mit Bildern des V12-Triebwerks, des BMW 760i sowie der Achtgang-Automatik von ZF. Auch auf die Videos zum BMW 760i / 760Li sei an dieser Stelle noch einmal verwiesen.

Auf die Achtgang-Automatik sind wir schon einmal an anderer Stelle eingegangen, aber natürlich trägt das Getriebe auch im Fall des BMW 760i / 760Li zu weiter verbesserter Performance und niedrigerem Verbrauch bei. In diesem Fall könnte man es als letztes Puzzleteil bezeichnen, das den Antriebsstrang der neuen V12-Limousine endgültig perfekt macht.

(Quelle: BMW Pressemitteilung)

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