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BMW-Vorstände fordern Schnell-Ausbau der Lade-Infrastruktur

Das Laden und die Lade-Infrastruktur zählen aus Sicht vieler Kunden zu den großen Hürden auf dem Weg zur flächendeckenden Elektro-Mobilität. Kein Wunder: Während das heutige Netz an Tankstellen über einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren aufgebaut wurde, steckt das Netz von öffentlichen Ladesäulen vergleichsweise noch in den Kinderschuhen. Und auch wenn die BMW Group inzwischen die Marke von einer Million Elektroautos und Plug-in-Hybriden feiern durfte und schon in zwei Jahren die zweite Million verkauft haben will, bleiben viele an Benziner und Diesel gewohnte Kunden weiterhin skeptisch: Wo kann ich mein Auto im Alltag sicher laden? Wo kann ich den Akku auf Langstrecken-Fahrten schnell wieder aufladen? Was mache ich, wenn ich aller Vorbereitung und Planung zum Trotz keine geeignete Ladesäule entlang der Route finde oder diese gerade nicht nutzbar ist?

Nicht alle Fragen dieser Art werden sich spontan beantworten und lösen lassen, von Autofahrern mit sehr hohen jährlichen Fahrleistungen oder regelmäßigen Langstrecken-Fahrten werden Elektroautos und Plug-in-Hybride ebenso wie von vielen urbanen Kunden ohne Garage oder anderen festen Stellplatz auch in den nächsten Jahren Kompromissbereitschaft verlangen. Dennoch ist klar, dass die Situation von Woche zu Woche besser wird und sich für immer mehr Probleme und Nutzungs-Szenarien praktikable Lösungen finden lassen.

Über den Status Quo aus Sicht der BMW Group berichten nun Ilka Horstmeier, Pieter Nota und Dr. Nicolas Peter in Form eines 3er-Interviews: Die Vorstände für Personal- und Sozialwesen; Kunde, Marken und Vertrieb respektive Finanzen sprechen dabei offen über die aktuellen Herausforderungen und fordern in diesem Kontext auch einen schnelleren Ausbau der Lade-Infrastruktur. Denn klar ist: Egal wie attraktiv die Elektroautos und Plug-in-Hybride der BMW Group sein mögen – für einige Kunden macht ein elektrifizierter Antrieb momentan keinen Sinn, selbst wenn großes Interesse und Kompromissbereitschaft gegeben sind.

Die BMW Group hat kürzlich ihr einmillionstes elektrifiziertes Fahrzeug in Kundenhand übergeben. Ein Aspekt, der mit dem Hochlauf der Elektromobilität untrennbar verbunden ist, ist die Ladeinfrastruktur. Wie ist Ihre Einschätzung dazu?

Peter: Die Ladeinfrastruktur hält im Moment nicht Schritt mit dem Absatz von elektrifizierten Fahrzeugen. Deshalb ist ein schneller Infrastrukturausbau dringend erforderlich, vor allem in urbanen, dicht besiedelten Bereichen und für die Langstrecke. Hier ist auch die Politik gefordert: Der wirtschaftliche Betrieb muss gerade in der Ausbauphase der Infrastruktur gegeben sein und womöglich gefördert werden. Wer errichtet denn eine zweite Ladesäule, wenn die erste nicht kostendeckend zu betreiben ist? Auf lange Sicht muss sich der Markt im Sinne des Kunden allerdings selbst regulieren können. Was wir dafür brauchen, sind klare Zielsetzungen und Anreizsysteme. Das gilt auch für Flotten- und Fuhrparkbetreiber, deren Umstieg auf die Elektromobilität unterstützt werden sollte.

Ist es mit dem schnellen Infrastrukturaufbau getan? Oder gibt es weitere Hürden?

Horstmeier: Die Fokussierung auf den schnellen Aufbau greift an manchen Stellen zu kurz. Natürlich brauchen wir zeitnah viele öffentliche Ladepunkte, um den steigenden Bedarf zu decken. Aber vor allem braucht der Kunde einen einfachen Zugang zu möglichst vielen Ladepunkten – und zwar flächendeckend zu attraktiven Konditionen.

Nota: Laden soll ein Befähiger für die Elektromobilität sein. Deshalb setzen wir genau hier mit unseren Angeboten BMW Charging und MINI Charging an. Mit einer Karte oder App können unsere Kundinnen und Kunden mehr als 250.000 öffentliche Ladepunkte in Europa nutzen.

250.000 Ladepunkte, das klingt nach vielen Lademöglichkeiten. Stichwort „Reichweitenangst“: Wie viel Prozent der öffentlich verfügbaren Ladesäulen sind mit Ihrem Angebot überhaupt abgedeckt?

Nota: Mit BMW Charging und MINI Charging haben wir eine Netzabdeckung von 90 Prozent* in Europa. Sprich: Neun von zehn öffentlich verfügbaren Ladepunkten können Sie mit unserer Karte nutzen. In den Top5-Märkten für Elektromobilität liegen wir sogar bei 95 Prozent*. Damit machen wir Laden für unsere Kunden flächendeckend einfach und komfortabel. Das Wort „Reichweitenangst“ können Sie damit bei uns streichen.

Dann bleibt noch die Frage nach dem Preis. Hier gibt es immer wieder kritische Stimmen, dass die Preise an der Ladesäule je nach Betreiber ganz unterschiedlich und für den Kunden nicht direkt ausgewiesen sind.

Nota: Wir sorgen für volle Kostentransparenz: In unserem preisgekrönten Active-Tarif zahlen Kunden eine monatliche Grundgebühr und laden dann zu einem attraktiven marktspezifischen Festpreis.In Deutschland liegt die monatliche Grundgebühr bei fünf Euro; AC-Laden kostet 33 Cent/kWh und schnelles DC-Laden 39 Cent/kWh. Bei unseren Preisen orientieren wir uns am Preis von Haushaltsstrom. Außerdem können unsere Kunden das IONITY Plus-Paket hinzubuchen: Sie zahlen eine monatliche Grundgebühr von 13 Euro und laden für 35 Cent/kWh direkt an der Autobahn. Unseren Kunden, die sich für ein neues vollelektrisches Fahrzeug von BMW entscheiden, erlassen wir für ein Jahr die Grundgebühr von Active-Tarif und IONITY Plus.

Ein Aspekt, der beim Laden häufig kritisch beurteilt wird, ist die längere Dauer im Vergleich zum Tanken. Wie beurteilen Sie das?

Peter: Laden hat heute schon einen großen Komfortvorteil – nämlich dann, wenn unsere Kunden bei sich zuhause laden können. Das kann ich Ihnen aus eigener Erfahrung bestätigen. Ich fahre seit Jahren einen BMW i3, den ich zuhause an meine Wallbox anschließe. Jeden Morgen steige ich in ein geladenes Fahrzeug ein. Wir bieten unseren Kunden deshalb verschiedene Heimladelösungen an, ergänzt um einen Installationsservice und einen Grünstromtarif. Sie bekommen bei uns alles aus einer Hand.

Gibt es noch weitere Möglichkeiten abgesehen vom öffentlichen Laden und Heimladen?

Horstmeier: Am Arbeitsplatz. Dort steht das Fahrzeug tagsüber sowieso. Auch hier gibt es einen großen Komfort-Vorteil gegenüber dem Tanken: Welcher Arbeitgeber hat denn eine eigene Tankstelle für Mitarbeiter? Wir betreiben bei der BMW Group eines der größten betrieblichen Ladenetzwerke in Deutschland. 2021 haben wir große Fortschritte erzielt: Inzwischen sind mehr als 5.000 Ladepunkte in Betrieb. Und mehr als 1.000 Ladepunkte sind eRoaming-fähig, das heißt: Sie können auch von externen Fahrern von Elektrofahrzeugen genutzt werden. Damit profitiert auch die Öffentlichkeit von unserem betrieblichen Ladenetzwerk.

Und wie sieht es international aus?

Horstmeier: Wir haben bereits den Rollout gestartet. Allein in Europa werden nochmals mehr als 1.100 Ladepunkte bis Ende 2022 folgen. Auch unsere Niederlassungen und unsere Partner in den Handelsbetrieben bauen sukzessive ihre Lademöglichkeiten vor Ort aus.

Lassen Sie uns nochmal auf den Zeitaspekt des Ladens fokussieren. Kurze und mittlere Strecken scheinen kein Problem darzustellen. Aber wie ist es auf der Langstrecke? Hier ist Laden im Vergleich doch ganz klar im Nachteil!

Peter: Mit unserem Schnellladenetzwerk IONITY, das wir 2017 gemeinsam mit anderen Herstellern gegründet haben, stellen wir sicher, dass Elektromobilität auf der Langstrecke komfortabel ist. Kürzlich haben wir unser Engagement bei IONITY nochmals ausgeweitet und gemeinsam mit den bisherigen Anteilseignern sowie dem neuen Investor BlackRock 700 Millionen Euro investiert. Damit wird der Ausbau des Schnellladenetzes deutlich beschleunigt. 2025 wird das IONITY-Netz rund 7.000 Ladepunkte umfassen.

Nota: Und unser Angebot BMW Charging ermöglicht auch die einfache und komfortable Nutzung von IONITY-Schnellladepunkten. Mit dem BMW i4 können Sie innerhalb von zehn Minuten mehr als 160 Kilometer Reichweite laden. Sie stecken also einfach Ihr Fahrzeug an und trinken einen Kaffee, während es lädt. Hier sehen wir für die Zukunft ein großes Potenzial.

Wenn ich als Kunde mein Fahrzeug laden möchte: Wie finde ich denn einen passenden Ladepunkt?

Nota: Laden ist vollständig in das digitale Ökosystem integriert. Die verfügbaren Ladepunkte kann ich im Navigationssystem des Fahrzeugs finden und auswählen. Zudem kann ich meine Route über meine ‚my BMW‘ und ‚my MINI‘ App planen und die passenden Ladepunkte finden. Während der eigentlichen Fahrt von A nach B nutze ich dann die ‚ladeoptimierte Route‘. Mein Fahrzeug berechnet auf Basis verschiedener Faktoren wie Wetter, Geschwindigkeit und Verkehrslage die verfügbare Reichweite und schlägt passende Ladepunkte vor.

Und welche Prozesse laufen dabei im Hintergrund ab?

Peter: Für den flächendeckenden einfachen Zugang zu öffentlichen Ladepunkten sind zwei Unternehmen essenziell, bei denen wir seit längerem beteiligt sind: Hubject und Digital Charging Solutions GmbH (DCS). Diesen beiden Playern kommt eine Schlüsselrolle beim weiteren Hochlauf der Elektromobilität zu.

Inwiefern?

Peter: Beide verknüpfen für unsere Kunden einzelne Ladepunkte zu einem flächendeckenden Netz. Hubject betreibt eine internationale Roamingplattform, auf der die Ladepunkte verschiedener Betreiber gebündelt werden. Diese Plattform ist die Grundlage dafür, dass ein Kunde mit einer Karte länderübergreifend die Ladesäulen von verschiedenen Betreibern finden und nutzen kann, selbst diejenigen von kleinen lokalen Anbietern in fragmentierten Märkten.

Und was ist die Rolle der Digital Charging Solutions?

Peter: Die DCS arbeitet an der Schnittstelle zum Kunden. Sie aggregiert die Ladepunkte der unterschiedlichen Ladesäulenbetreiber und stellt unter anderem B2C-Kunden den Zugang als White-Label-Lösung zur Verfügung. Darauf basieren unsere Angebote BMW Charging und MINI Charging. Auch andere Automobilhersteller können ihren Kunden diese Lösung unter einem eigenen Markennamen zur Verfügung stellen. Die DCS ist bei der BMW Group rund um den Marktstart des BMW i3 entstanden. Wir haben schnell erkannt, dass wir Pionierarbeit leisten und uns entschieden, den Dienst auch anderen Unternehmen anzubieten. Heute hat die DCS eine absolute Befähiger-Rolle: Mehrere namhafte Hersteller greifen auf das prämierte Angebot der DCS zu. Außerdem ist das Geschäftsmodell sehr attraktiv: 2021 ist bp als dritter Partner neben uns und Daimler eingestiegen. bp bringt als Teilhaber nahezu zusätzliche 9.000 schnelle Ladepunkte in Europa ein, was den Komfort und die Abdeckung und damit den Kundennutzen noch weiter erhöhen wird.

Wie würden Sie Ihren Ansatz beim Laden denn in aller Kürze beschreiben? Und welche Bedeutung kommt dem Thema in Ihrem Unternehmen insgesamt zu?

Horstmeier: Laden ist ein interdisziplinäres Thema, das hohe Aufmerksamkeit genießt und in der Mitte des Unternehmens angekommen ist. Das können Sie schon daran erkennen, dass der Vorstand als Team aktiv involviert ist. Bei der BMW Group denken wir Elektromobilität ganzheitlich – mit attraktiven Fahrzeugen sowie Produkten und Dienstleistungen, die Laden einfach und komfortabel machen. Unser Engagement beim Laden erstreckt sich deshalb über die gesamte Wertschöpfungskette: von überzeugenden Produkten und Dienstleistungen über die genannten strategischen Beteiligungen bis hin zum Aufbau unserer eigenen betrieblichen Ladeinfrastruktur. Ich fahre selbst einen BMW i3 und einen BMW iX und nutze alle Lademöglichkeiten: zuhause, am Arbeitsplatz und öffentlich. Laden hat heute schon so viele Stärken und Möglichkeiten. Die weitere Digitalisierung und Automatisierung bieten riesige Potenziale für die Zukunft.

Werden Sie in Zukunft ein eigenes, exklusives öffentliches Ladenetzwerk für Ihre Kunden aufbauen? Andere Hersteller haben hierzu schon ihre Pläne vorgestellt.

Peter: Wir setzen auf offene Netze. Damit werden der Hochlauf und die Verfügbarkeit der Infrastruktur für unsere Kunden am effektivsten unterstützt. Gleichzeitig lassen sich so die hohen Auslastungen realisieren, die für die Profitabilität der Netze essenziell sind. Mit unserer Beteiligung an IONITY sind wir intensiv am Aufbau eines öffentlichen Ladenetzes beteiligt.

Horstmeier: Auch die eRoaming-fähigen Ladepunkte unseres betrieblichen Ladenetzwerks stehen Fahrern aller Hersteller offen. Wir haben in den letzten Jahren außerdem weltweit gemeinsam mit verschiedenen Partnern mehr als 15.000 zusätzliche Ladepunkte aufgebaut. Wenn man unser gesamtes Engagement für den Aufbau der Ladeinfrastruktur summiert, dann landen wir bei weit über 20.000 Ladepunkten. Das zeigt: Wir gehen mit gutem Beispiel voran!

Was dürfen wir 2022 von der BMW Group beim Thema Laden erwarten?

Nota: Bei der Elektromobilität haben wir uns im nächsten Jahr ambitionierte Ziele gesetzt: Wir wollen den Absatz unserer rein elektrischen Fahrzeuge im Vergleich zu diesem Jahr mehr als verdoppeln. Beim Laden stehen daher in 2022 zwei weitere Stoßrichtungen im Fokus, um das Laden noch attraktiver zu machen. Zum einen werden wir die Charging-Umfänge noch tiefer in unsere myBMW und MINI App integrieren. Damit haben unsere Kundinnen und Kunden in einer App alles, was rund um ihr Fahrzeug relevant ist – inklusive des Zugangs zu den öffentlichen Ladepunkten. Zum anderen werden wir die Vernetzung beim Laden weiter vorantreiben und den Ladevorgang damit weiter vereinfachen.

Horstmeier: Wir werden Laden 2022 noch einfacher und komfortabler machen. Wir planen, auch bei einer steigenden Zahl der öffentlichen Ladepunkte die heute schon sehr hohe Abdeckung von mehr als 90 Prozent in Europa weiter auszubauen. Außerdem prüfen wir, wie wir beim öffentlichen Laden Nachhaltigkeit noch mehr in den Mittelpunkt rücken können, zum Beispiel durch freiwillige CO2-Kompensation oder die weitere Integration von Grünstromangeboten. Auch beim bidirektionalen Laden bleiben wir am Ball, da wir hier ein großes Potenzial sehen, gerade was den Beitrag von Elektrofahrzeugen zur Versorgungssicherheit und damit zur Energiewende betrifft.

Peter: E-Mobilität soll im nächsten Jahr noch alltagstauglicher werden – das ist die Voraussetzung, damit die Akzeptanz von Stromern weiter wächst. Qualitativ hochwertige E-Fahrzeuge sprechen für sich – sie überzeugen durch Leistung, Fahrdynamik und Reichweite. Die ausreichende Ladeinfrastruktur ist das Nadelöhr. Wenn sie vorhanden ist, kann der Umstieg zur E-Mobilität noch dynamischer verlaufen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass dieser Wechsel in naher Zukunft gelingen wird. Wir sehen beispielsweise in Märkten wie China und bei einigen europäischen Nachbarn, wie schnell E-Mobilität an Fahrt gewinnen kann. Wichtig dabei ist: Das Gesamtpaket für unsere Kunden muss stimmen. Dafür setzen wir uns ein.

 

*) öffentliche, über Ladepunktaggregatoren angebundene und verfügbare Ladepunkte

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