Vorab-Fahrbericht BMW i4 M50: Eine neue Art von Performance

BMW i, BMW i4, BMW M, Fahrberichte | 2.06.2021 von 0

In den vergangenen 49 Jahren hat die BMW M GmbH verschiedenste Fahrzeuge auf die Räder gestellt, die mitunter wenige Gemeinsamkeiten hatten. Doch wenn im Herbst …

In den vergangenen 49 Jahren hat die BMW M GmbH verschiedenste Fahrzeuge auf die Räder gestellt, die mitunter wenige Gemeinsamkeiten hatten. Doch wenn im Herbst der BMW i4 M50 seinen Marktstart feiert, wird er der langen Ahnenliste zum Trotz ein völlig neues Kapitel aufschlagen: Erstmals gibt es ein M-Modell mit reinem Elektroantrieb. Die Rolle des Solisten wird der i4 mit M allerdings nicht lange inne haben: Der BMW iX M60 ist bereits offiziell angekündigt und auch ein High Performance Elektro-M soll bald kommen. Welchen Platz im elektrischen M-Portfolio der BMW i4 M50 einnimmt und ob er das völlige Fehlen von verbrennungsmotorischen Geräuschen kompensieren kann, durften wir für einen ersten Vorab-Fahrbericht schon vor ein paar Wochen erkunden.

Dass sich der erste Elektro-M nur schwer in klassische Muster pressen lässt, wird schon beim Blick auf die technischen Daten deutlich: Mit 544 PS übertrumpft er selbst den neuen BMW M4 Competition deutlich, dem Namen nach ist er aber eher auf dem Level eines M Performance Modells wie dem M440i angesiedelt. Mit einer Zeit von 3,9 Sekunden von 0 auf 100 bietet er die gleiche Beschleunigung wie ein M4 Competition, bei der Höchstgeschwindigkeit von 225 km/h wird er aber selbst von einem 320d klar abgehängt. Und natürlich liegt auf der Hand, dass der BMW i4 M50 in Sachen Nachhaltigkeit und Ökobilanz völlig anderen Ansprüchen gerecht wird als seine konventionell angetriebenen Brüder – 0,0 Gramm lokale Emissionen sind dabei nur der Anfang.

Die großen Erwartungen gegenüber dem BMW i4 M50 liegen aber nicht allein am M im Namen, sondern natürlich auch an einem anderen Umstand: Der i4 ist das erste Elektroauto von BMW, das voll auf das Fahrdynamik-Herz der Marke einzahlt. Sicher, auch ein i3 oder iX3 sind für ihre jeweiligen Segmente nicht undynamisch, aber für eine Marke die mit der Freude am Fahren im Sinne der 3er-Reihe groß geworden ist, waren sie immer nur Zwischenschritte auf dem Weg zur ersten rein elektrischen Power-Limousine aus München.

Nun heißt es endlich: Vorhang auf und Bühne frei für die deutsche Antwort auf das Tesla Model 3! Gleich beim Erstkontakt sehen wir den BMW i4 M50 mit einer auffälligen Lackierung in Frozen Portimao Blau, vor allem aber auch mit vielen Akzenten in Cerium Grey. Die matte Außenhaut bringt Details wie die flächenbündig versenkten Türgriffe gut zur Geltung, an den Türen kommen waschechte M-Spiegel zum Einsatz und am Heck verdient auch der M50-Schriftzug einen genaueren Blick: Die Zahl hinter dem M ist deutlich kleiner als der Buchstabe, diese Art der Beschriftung sollen in Zukunft auch andere M Performance Modelle erhalten.

Die Botschaft ist klar: In erster Linie fährt hier ein M-Modell, die Zahl dahinter spielt eine untergeordnete Rolle. Aber kann sich der BMW i4 M50 auch ganz ohne Verbrenner nach M anfühlen? Selten war ein Jein eine passendere Antwort als im Fall dieser Frage. Wer M untrennbar über den Sound und die charakteristische Kraftentfaltung eines Verbrennungsmotors definiert, kann im i4 wenig M-Gene entdecken. Wer sich aber von der Frage nach dem Antrieb löst und sich auf Themen wie Fahrdynamik und messbare Performance fokussiert, der dürfte schnell zu einer anderen Antwort kommen.

Denn eines ist völlig klar: Kein anderer Elektro-BMW brachte auch nur annähernd so gute Gene für dynamisches Fahren mit wie der i4. Im Vergleich zum 3er liegt der Schwerpunkt je nach Motorisierung zwischen 37 und 53 Millimetern tiefer, gleichzeitig ist der i4 auch dank des sicher verpackten Akku-Pakets im Unterboden wesentlich steifer. Mit einer leicht hecklastigen Gewichtsverteilung, einer wesentlich breiteren Spur und ausgesprochen breiten High Performance-Reifen beseitigt der i4 auch die letzten Zweifel an der Ernsthaftigkeit seines Konzepts: Ja, hier steht ein Elektroauto, das Spaß machen soll!

Auf den ersten Metern mit dem bei unserer Fahrt in der Öffentlichkeit noch stark getarnten BMW i4 M50 sind es aber andere Dinge, die sich in den Vordergrund drängen: Das große und gestochen scharfe Curved Display gewährt einen ersten Blick auf iDrive 8, das von der ersten Sekunde an vertraut wirkt. Langjährige iDrive-Nutzer dürften allerdings die 8 frei programmierbaren Favoriten-Tasten vermissen, die gewissermaßen auf das Display wandern und nur noch digital angezeigt werden.

Die für den Fahreindruck auf öffentlichen Straßen ganz wesentliche Rekuperations-Abstimmung teilt sich der BMW i4 mit dem iX3, wobei die Software der Adaptiven Rekuperation nochmals verbessert werden konnte: Mit traumwandlerischer Sicherheit rekuperiert der i4, wenn die Situation ohnehin zum Bremsen motiviert – und ebenso selbstverständlich segelt das Gran Coupé in anderen Situationen. Die adaptive Rekuperation funktioniert in der Praxis so gut, dass man fast nie wirklich bremsen und damit Energie ungenutzt in Wärme umwandeln muss.

Ganz anders liegen die Prioritäten, wenn Fahrwerks-Chef Jos van As im als Pacecar genutzten M2 Competition der Spieltrieb packt: Gibt der Kompaktsportler vor dem i4 Vollgas, passen Sound und Beschleunigung für einen kurzen Moment zusammen – bis dem Kopf klar wird, dass der hochdrehende Reihensechszylinder nicht im gerade gefahrenen Fahrzeug jubiliert. Denn im BMW i4 M50 wird Performance auf eine andere Art erlebbar: Die beiden Elektromotoren verhalten sich akustisch komplett unauffällig, warten aber andererseits permanent auf ihren Einsatzbefehl – und sorgen dann so unvermittelt und vehement für Vortrieb, dass jeder Verbrennungsmotor blass vor Neid wird.

Im Angesicht von 544 PS Systemleistung und 795 Newtonmeter System-Drehmoment ist der heftige und scheinbar ansatzlos vorgetragene Punch keine Überraschung, aber in seiner unangestrengt-lautlosen Brutalität ist er doch immer wieder beeindruckend. Bleibt man auf dem Gas, geht der mächtige Druck in homogene Beschleunigung über und sorgt in rasanter Geschwindigkeit für immer größere Zahlen im Head-up-Display. Die 3,9 Sekunden von 0 auf 100 glaubt man dem BMW i4 jedenfalls sofort, rein subjektiv fühlt sich der Elektro-Sportler trotz über 2,2 Tonnen Leergewicht eher noch schneller an.

Während das stattliche Gewicht des über 80 kWh fassenden Lithium-Ionen-Akkus auf öffentlichen Straßen in den Hintergrund rückt, ruft es sich in den engen Kurven der Teststrecke in Maisach schnell wieder in Erinnerung. Was der i4 M50 hier abliefert, stellt jeden bisherigen Elektro-BMW klar in den Schatten – der tiefe Schwerpunkt und der imposante Antrieb machen sich in jeder Hinsicht bezahlt.

Trotz breiter Bereifung ist aber auch klar, dass der i4 auf engen und kurvigen Strecken seinen Meister in M3 und M4 finden wird: Was G80 und G82 gerade in Sachen Einlenkverhalten und Lenkpräzision bieten, bleibt für den i4 auch als M50 unerreichbar. Eine Schande ist das allerdings nicht, denn die Leistungsfähigkeit der aktuellen High Performance-Mittelklasse aus Garching ist nicht ohne Grund klarer Benchmark im Segment.

Und während sich die M-Modelle mit Reihensechszylinder auf der Rennstrecke noch etwas ungezügelter auslassen, genießen i4-Fahrer einen überlegenen Langstrecken-Komfort in ihrem fast lautlosen Gran Coupé. Keine Frage: Dieser M folgt neuen Regeln und kümmert sich nicht um scheinbar in Stein gemeißelte Gewissheiten, während er eine neue Generation von M-Kunden ins Visier nimmt. Ob diese neue Art von Performance eingefleischte M-Fans der alten Schule überzeugen wird, bleibt abzuwarten. Sicher ist aber, dass die M GmbH mit dem i4 M50 ein eindrucksvolles Erstlingswerk mit einer klaren Botschaft liefert: Mit Fahrspaß und bester Unterhaltung aus Garching ist auch im Elektro-Zeitalter weiterhin zu rechnen!

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