Fahrbericht BMW X7 xDrive40i: Die bayerische Art zu reisen

BMW X7, Fahrberichte | 29.03.2019 von 2

Der BMW X7 ist ein Luxus-SUV mit Ausblick, Allrad und Platz für Sieben – perfekt für die Endlosigkeit Amerikas. Wir fahren mit dem edelsten X-Modell von Los Angeles nach Palm Springs.

Am Venice Beach liegt der Geruch von Meer und frisch gebratenen Burgern in der Luft. Touristen summen mit elektrischen Tretrollern über den Boardwalk, ein Mann überquert die Ampel mit einer goldenen Schallplatte unter dem Arm. Wer es hier in Los Angeles geschafft hat, fährt teuerste Sportwagen und getunte Luxus-SUV – Blockbuster statt Arthouse, das gehört in der spektakulären Hollywood-Kulisse dazu. Wir werden bereitwillig Teil des gelebten Überschwangs und brechen am nächsten Morgen mit dem neuen BMW X7 xDrive40i zur ersten Testfahrt auf.

Knapp vier Millionen Einwohner zählt das direkte Stadtgebiet von L.A., fast 17,8 Millionen Menschen leben in der erweiterten Metropolregion. Echtzeit-Verkehrsinformationen färben das strenge Schachbrettmuster auf der Karte der Connected Navigation tiefrot, während wir gemeinsam mit dem reißenden Berufsverkehr alles daran setzen, diesem gewaltigen, durchasphaltierten Moloch möglichst schnell wieder zu entfliehen.

Mit 5,15 Meter Länge sprengt der BMW X7 G07 unsere europäischen SUV-Größenvorstellungen. Sogar den BMW 7er überragt der Riese um ein paar Zentimeter und bietet zudem noch 35 Millimeter mehr Radstand. Hier in Kalifornien wirkt der zwei Meter breite und 1,80 Meter hohe Exil-Bayer aus dem Werk Spartanburg neben blechernen Festungen wie einem Cadillac Escalade allerdings geradezu zierlich. Im Schritttempo rollen wir der Auffahrt des Freeway 405 entgegen und überlassen im ewigen Stop-and-Go dem Driving Assistant Professional die ersten Fahreindrücke.

Die neue Generation der Fahrerassistenz mahnt mit gelben Leuchtelementen im Lenkrad zur Aufmerksamkeit und hält den BMW X7 auch dann noch zielsicher auf Kurs, als nach wenigen Meilen ein Wolkenbruch die Autobahn flutet. Irgendwann verteilen sich die Automassen gleichmäßiger auf die sechs Fahrspuren – es geht voran. Weich und erhaben bügelt der BMW X7 nun mit seiner serienmäßigen Zweiachs-Luftfederung im Comfort-Modus über den brüchigen Fahrbahnbelag. Das Fächeln der Sitzbelüftung und die Tropfen auf dem Panorama-Glasdach sorgen für ein dezentes Grundrauschen.

Wie ein bulliger Butler umsorgt der Bayer seine Insassen, massiert verspannte Schultern, übernimmt Highway-Spurwechsel gleich selbst und beheizt natürlich nicht nur die Sitze, sondern gleich auch die Armauflagen – wie eine Luxus-Limousine, nur eben mit Platz und Ausblick. Irgendwo hinter der massigen Doppelniere schickt derweil der 3,0-Liter-Reihensechszylinder seine 340 PS und 450 Newtonmeter Drehmoment auf die Straße; Souverän, zurückhaltend und nur bei kräftigeren Gasstößen von einem sonoren Knurren begleitet. Gangwechsel übernimmt in bewährter Harmonie die aufmerksame Achtgang-Automatik.

BMW X7 G07: Drei Motorisierungen zum Marktstart

Weltweit dürfte sich ein Großteil der Kunden für den BMW X7 xDrive40i entscheiden, der mit mindestens 86.300 Euro in der Preisliste steht. In Deutschland ergänzen zum Marktstart zwei Diesel-Varianten die Auswahl: der BMW X7 xDrive30d startet mit 265 PS bei 84.300 Euro, darüber rangiert als (vorläufiges) Topmodell der bekannte 400 PS starke Quadturbo-Diesel im BMW X7 M50d ab 109.900 Euro.

Kurz hinter Long Beach klart der Himmel wieder auf. Wir verlassen den Freeway und schwenken für einige Meilen auf die Küstenstraße um, wo wir kurz vor Dana Point am Pazifik anhalten, um einen genaueren Blick in den elfenbeinweiß belederten Innenraum zu werfen. Ab Werk wird der BMW X7 2019 mit einer elektrisch falt- und verstellbaren Siebensitzer-Konfiguration ausgeliefert, die den Besitzer für den fortgeschrittenen Personentransport rüstet – mit optionalen USB-C-Anschlüssen, Sitzheizung und eigener Klimazone in Reihe drei.

Noch besser passt allerdings das 660 Euro teure Sechssitzer-Setup unseres Testwagens zum noblen Charakter des BMW X7. Statt auf einer durchgehenden Sitzbank reisen hier die Passagiere im Fond auf zwei elektrisch verstellbaren Einzelsitzen. In der Mitte entsteht so ein Durchgang, der auch Erwachsenen einen bequemen Einstieg in die vollwertig nutzbare dritte Reihe ermöglicht. Sind alle Plätze belegt, liegt das Kofferraumvolumen noch bei 326 Litern, sonst passen 750 Liter ins Heck. Für größere Transportaufgaben lassen sich die Sitzlehnen elektrisch zu einer fast ebenen Fläche falten, die bis zu 2120 Liter Sperrgepäck aufnehmen kann.

Wir verabschieden uns vom Auf und Ab der Küstenstraße und nehmen Kurs auf die Wüstenlandschaft von Palm Springs. Der neue BMW X7 wurde für die große Reise entwickelt. Für endlose Roadtrip-Kilometer mit 65 Meilen, für Dienstfahrten durch ganze Staaten, kurzum: für Amerika. Gut die Hälfte aller gebauten Fahrzeuge soll die USA gar nicht erst verlassen – und entsprechend wohl fühlt sich der Edel-X auf den Highways zwischen New York und San Francisco. Der ultimative Langstreckenluxus im XXL-Format fordert allerdings einen gewichtigen Preis: Unser BMW X7 xDrive40i wiegt leer satte 2,4 Tonnen, ist also noch einmal 260 Kilo schwerer als ein BMW X5 mit gleichem Motor.

Entsprechend gespannt nehmen wir die ersten Kurven des Ortega Highways, der sich quer durch das Santa-Ana-Gebirge in Richtung Mittags-Stop schlängelt. Wird der BMW X7 2019 auch fahrdynamisch dem Format seiner riesigen Doppelniere gerecht? Die Antwort ist klar und einfach: Ja! Mit einer ausgeglichenen Gewichtsverteilung von 50:50, der präzisen aber nicht zu direkt abgestimmten Integral-Aktivlenkung und serienmäßigen Adaptivdämpfern arbeitet sich das Full-Size-SUV überraschend leichtfüßig und ohne komfortkritische Seitenneigung durch die Kehren.

Gelbe Schulbusse, ein weiterer Regenschauer (in Kalifornien!) und meilenweiter Kolonnenverkehr sorgen allerdings schnell für Mäßigung. Wir kehren zurück in den Roadtrip-Modus mit aktivierter Abstands-Assistenz, spielen mit der Gestensteuerung und suchen im Sirius-Satellitenradio nach Herausforderungen für das optionale Bowers & Wilkins Sound System mit 20 Lautsprechern. Dann folgt die Mittagspause – und ein Bissen von der verbotenen Frucht.

BMW X7 xDrive50i M Sport: Achtzylinder mit 462 PS

Zumindest zum Verkaufsstart müssen deutsche X7-Kunden auf einen potenten Achtzylinder verzichten – der 462 PS starke N63 4,4-Liter-V8 im BMW X7 xDrive50i bleibt den Märkten außerhalb Europas vorbehalten. Später wird dann auch bei uns ein X7 M50i mit 530 PS das Angebot ergänzen. Trotzdem tauschen wir für die letzte Etappe des Tages den 40i gegen einen 50i mit M Sport-Paket in Mineral White Metallic. Denn während unser Sechszylinder-Testwagen mit Serien-Luftfahrwerk vorfährt, ist in den 50i-Modellen zur ersten Fahrveranstaltung das volle Dynamik-Programm verbaut. Genauer: die Option Executive Drive.

Unter wohlgesetztem Auspuffhusten beschleunigt der xDrive50i in 5,4 Sekunden auf Landstraßentempo. Am Horizont blitzt zwischen den Gipfeln der letzten Bergkette bereits das Coachella Valley als knochentrockene Wüste hervor. Im Alltag bringt schon der xDrive40i mehr als nur ausreichende Fahrleistungen – doch der mächtige Achtzylinder liefert den zusätzlichen Kick klangstarker Unvernunft. Wir machen uns an den Abstieg. Stoisch zieht der stärkste X7 immer engere Kehren entlang, arbeitet mit seiner aktiven “Executive Drive” Wankstabilisierung noch einmal deutlich verbissener gegen die lästigen Fliehkräfte. Zumindest subjektiv schrumpfen die zusätzlichen Zentimeter zum bekanntermaßen agilen X5 deutlich zusammen, als wir schließlich Palm Springs erreichen.

Vermutlich wird kaum jemand seinen BMW X7 auf kurvigen Bergstraßen fliegen lassen oder – so wie wir am nächsten Morgen – auch noch über eine steinige Offroad-Strecke wuchten. Doch ganz gleich ob Berufsverkehr in Los Angeles oder Little Box Canyon Trail im Coachella Valley: das erste Münchner Luxus-SUV bewahrt seinen souveränen Charakter – so geht Reisen, nur eben nach bayerischer Art.

Jonas Eling

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