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Michelin Pilot Performance Days: Wenn Reifen Geschichten erzählen

Es gibt Träume, die den Puls von Autofans auf der ganzen Welt in die Höhe treiben. Oft haben derartige Wunschvorstellungen mit leistungsstarken Autos spezieller Marken zu tun, die von einer ganz besonderen Aura umgeben sind und die leider in finanziellen Sphären beheimatet sind, die das Verwirklichen solcher Phantasien für viele Menschen unmöglich machen. Aber Träume können mit etwas Glück auch Realität und somit zu absolut unvergesslichen Erlebnissen werden, beispielsweise bei den Michelin Pilot Performance Days auf der ehemaligen Formel 1-Rennstrecke bei Estoril.

Die Liste der Fahrzeuge, die der französischen Reifenprofi zum Zwecke von Demonstrationsfahrten nach Portugal bringen ließ, liest sich wie die imaginäre Wunschliste eines Sportwagen-Fans: Ferrari F458 Italia, Gumpert Apollo, Porsche 911 GT3 RS, Audi R8 V10, Wiesmann GT MF5, KTM X-Bow, Nissan GT-R, Mercedes SLS AMG, BMW Alpina B5 Biturbo, AC Schnitzer ACS5 Sport S, BMW M3 und nicht zuletzt Porsche 911 Cup sowie Audi R8 LMS – sich hier zu entscheiden, wäre keine einfache Aufgabe gewesen, aber bei den Michelin Pilot Performance Days hieß das Motto zum Glück für alle Teilnehmer “und” statt “oder”.

Im Fokus der Testfahrten standen allerdings nicht die Fahrzeuge selbst, sondern vor allem ihr Kontakt mit dem griffigen Asphalt der Rennstrecke von Estoril. Die Binsenweisheit, dass ein Auto die Straße nur an vier relativ kleinen Flächen berührt, hat jeder Autofahrer schon mehrfach gehört. Wirklich bewusst machen sich die allermeisten Autofahrer diese Tatsache aber sehr selten, weshalb der Einfluss des Reifens auf die Gesamtperformance eines Fahrzeugs auch heute noch oft unterschätzt wird.

Bei den Michelin Pilot Performance Days bot sich nun die extrem seltene Gelegenheit, genau diesen Einfluss am eigenen Leib und vor allem im direkten Vergleich selbst zu erfahren. Wann hat man im normalen Leben schon die Möglichkeit, ähnliche Fahrzeuge mit unterschiedlicher Bereifung direkt miteinander zu vergleichen?

Um uns langsam an die Rennstrecke und die Fahrzeuge zu gewöhnen, fuhren wir zunächst mit einem Audi R8 4.2 FSI (V8) mit Michelin Pilot Super Sport-Bereifung in 19 Zoll – für sich betrachtet eine beeindruckende Kombination mit 420 PS und 295 Millimeter breiten Reifen an der Hinterachse, dazu das viel Sicherheit vermittelnde Fahrverhalten des Mittelmotor-Sportlers mit Allradantrieb.

Zwar mag der R8 nicht das spannendste Fahrzeug im imposanten Fuhrpark der MPPD 2011 gewesen sein, aber als Einstieg waren die 420 PS ziemlich perfekt geeignet. Fährt man enge Ecken mit etwas zu viel Schwung an, tendiert der R8 wie fast alle Autos zu einem sanften Untersteuern, dank Allradantrieb kann man aber sehr früh wieder Vollgas geben und unterm Strich viel Spaß haben.

Um neben der Performance des sportlichen Ingolstädters auch den Anteil der Reifen in Erfahrung bringen zu können, ging es als nächstes hinters Lenkrad eines Audi R8 5.2 FSI mit Reifen vom Typ Michelin Pilot Sport Cup+. Unabhängig von der spürbar besseren Kraftentfaltung des 525 PS starken V10 fühlte sich auch die Straßenlage noch sicherer an, der bei allen aufgebotenen Sportwagen ohnehin hoch angesiedelte Grenzbereich ist mit einem gesunden Respekt vor dem teuren Material kaum noch erfahrbar – unübersehbar war aber, dass die für trockenen Asphalt optimierten und bei Nässe nur noch bedingt empfehlenswerten Reifen dem Fahrer auf der Rennstrecke noch mehr Performance bieten. Leider war es innerhalb von zwei Runden mit dem neuen Fahrzeug nur ansatzweise möglich, das Potenzial des Cup+ wirklich auszuloten.

Was wirklich möglich ist, wurde dann auf dem Beifahrersitz eines von MTM getunten Audi R8 GT Spyder deutlich. Am Steuer des offenen Supersportlers nahm dabei ein Entwickler von Michelin Platz, auf den 20 Zoll großen Felgen arbeitete wieder der Pilot Sport Cup+. Die 245 Millimeter breiten Reifen an der Vorderachse erlaubten Gemeinsam mit dem MTM-Fahrwerk und den 315 Millimeter breiten Reifen an der Hinterachse ein subjektives Fahrerlebnis, das den weniger als eine Stunde zuvor gefahrenen R8 4.2 FSI merklich verblassen ließ.

Mit einem breiten Grinsen im Gesicht ging es weiter zur nächsten Station, die noch mehr Fahrspaß versprach: Die Sportwagen-Ikone Porsche 911 war das nächste Demonstrationsobjekt und dieses Mal beschritten wir den Weg in umgekehrter Reihenfolge. Die erste Runde im Heckmotor-Sportler legten wir direkt auf Slicks zurück, also profillosen Reifen ohne Straßenzulassung und mit extremer Aquaplaning-Neigung, aber in Estoril schien ja zum Glück die Sonne.

Zwar ist das Fahrverhalten des 911 in der Nähe des Grenzbereichs grundlegend anders als im Audi R8 – vor allem vermittelt die Lenkung spürbar mehr Feedback vom Asphalt – aber dennoch war schon wenige Kurven nach dem Erwärmen der Hochleistungs-Reifen klar, dass dieser Reifen über weitgehend Rennstrecken-unerfahrene Fahrer nur müde lächeln kann.

Der Grenzbereich der für den Motorsport gedachten Gummis ist derart weit oberhalb jener Eindrücke, die sich mit einem Straßen-Reifen realisieren lassen, dass man das Potenzial praktisch nie wirklich ausnutzt. Selbst wenn man sich zwingt, die Kurven noch etwas schneller anzufahren, als es das Bauchgefühl erlaubt, bleibt das Auto wie mit der Straße verzahnt und befolgt scheinbar mühelos jeden Wunsch des Fahrers – für Menschen mit Benzin im Blut definitiv eine Erfahrung, die man gemacht haben sollte!

Im Anschluss an diese Runden vermochte es nur noch der 911 GT3 RS auf Semi-Slick-Bereifung, den Fahrer wirklich zu begeistern. Die messerscharfe Lenkung, mit der sich Kurven wie mit dem Skalpell perfekt meistern lassen, vermittelt dem Fahrer einen derart guten Eindruck von der Straße, dass das Herantasten an den Grenzbereich eine wahre Freude ist. Mit keinem anderen der anwesenden Autos war es möglich, sich dem Limit so spielerisch und kontrolliert zu nähern, weshalb der GT3 RS von allen geschlossenen Fahrzeugen den bleibendsten Eindruck hinterließ.

Das mag einerseits daran liegen, dass wir den mit Sicherheit ebenfalls faszinierenden Gumpert Apollo genau wie den Ferrari F458 Italia aus Zeitgründen nicht bewegen konnten, andererseits speichert das Gehirn an einem solchen Tag nur absolute Extreme. Egal ob Alpina B5 Biturbo oder ACS5 Sport S, im Vergleich mit den zuvor gefahrenen Supersportlern können große und dementsprechend schwere Limousinen selbst mit mehr als 500 PS auf der Rennstrecke keinen positiven Eindruck hinterlassen.

Bleibt beim aufmerksamen Leser die Frage, warum beim 911 GT3 RS die Einschränkung auf geschlossene Fahrzeuge vorgenommen wurde. Die Antwort kommt aus Österreich und hört auf den Namen KTM X-Bow. Das in Estoril anwesende und auf Slicks stehende Exemplar konnte zwar nur von der Beifahrer-Sitzschale aus genossen werden, nahm uns aber auch so den Atem.

Wie spät mit dem weniger als 800 Kilogramm leichten Extremsportler gebremst werden kann, ist selbst am Ende eines ereignisreichen Tages mit vielen beeindruckenden Fahrzeugen kaum zu glauben. Die späten Bremspunkte liegen freilich nicht vordergründig an der Bremsperformance, sondern an den phänomenalen Kurvengeschwindigkeiten. Dank fehlender Windschutzscheibe und der folglich sehr viel bewussteren Geschwindigkeits-Wahrnehmung glaubt man im X-Bow stets, äußerst schnell unterwegs zu sein.

Airbags, ESP oder ABS sind im X-Bow nicht an Bord und man sollte dem Fahrer doch eine gehörige Portion Vertrauen entgegenbringen, wenn man ohne Netz und doppelten Boden die Rennstrecke von Estoril erleben darf. Unterm Strich bleiben auch dank des KTM X-Bow einige Erkenntnisse, die man zwar häufig lesen, aber selten am eigenen Leib erfahren kann:

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