BMW M: Interview mit Frank van Meel zu M760Li, M4 CS & Co.

BMW M | 13.02.2017 von 149

In Palm Springs haben wir ein Interview mit Frank van Meel geführt und uns mit dem Chef der M GmbH über die aktuelle und künftige Modellpolitik unterhalten.

Mit dem BMW M760Li gibt es den ersten 7er, der offiziell ein M tragen darf. Aber in der Welt von BMW M ist der Top-7er nur eines von vielen spannenden Themen, die im Jahr 2017 auf uns zukommen. Wir haben uns daher in Palm Springs mit Frank van Meel zusammengesetzt und uns ausführlich über bereits angekündigte Updates wie das Facelift für BMW M3 und M4 oder den M760Li unterhalten, natürlich geht es aber auch um kommende Modelle wie die nächste M5-Generation oder die bisher nur indirekt angekündigten CS-Modelle.

Weitere Fragen befassen sich mit der generellen Ausrichtung von BMW M und M Performance, der Bedeutung des Hinterradantriebs in Zeiten immer größerer xDrive-Nachfrage und der Verkaufszahlen in Zeiten immer zahlreicher werdender Sportmodelle. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen!

BimmerToday.de: Herr van Meel, vor wenigen Tagen wurde das BMW M4 Facelift vorgestellt, die wie immer erwartete Leistungssteigerung blieb dabei aus. Sicherlich erhoffen Sie sich dennoch einen frischen Impuls für den Absatz von der Modellpflege?
Frank van Meel: Als Impuls für den Absatz hätten wir kein Facelift gebraucht, denn M3 und M4 laufen nach wie vor auf vollen Touren. Alle drei Modelle sind nach wie vor beliebt wie am ersten Tag. Wir haben dabei nicht den üblichen Zyklus, sondern laufen von Anfang an und bis heute relativ nah an der Produktionskapazität. Dabei hat natürlich auch die Einführung des Competition Paket im letzten Jahr geholfen, was uns ja de facto eine 450-PS-Variante beschert hat. Das Thema Leistung stellt dabei aber nicht das Hauptkriterium dar, die neue Fahrwerksabstimmung war da sicher der wichtigere Schritt. Das gilt auch für das Facelift: Eine weitere Leistungssteigerung braucht es nicht, weil wir dadurch nicht signifikant schneller werden. Signifikant schneller wird man eher durch Fahrwerksmaßnahmen und in dieser Hinsicht haben wir das Auto einfach sehr genau auf den Punkt gebracht. Beim Absatz geholfen haben natürlich auch Sondermodelle wie der M4 GTS oder die M4 DTM Champion Edition.
Das Facelift ist trotzdem wichtig, denn wir haben bei Connectivity und Infotainment einen großen Schritt nach vorn gemacht. Dadurch werden BMW M3 und M4 in dieser Hinsicht auf den neuesten Stand gebracht, was für viele Kunden auch eine wichtige Rolle spielt. Was dem Auto außerdem noch mehr Charakter verleiht, sind die neuen Scheinwerfer, die das Auto noch wertiger machen. Wir haben also Optik und Bedienbarkeit weiter verbessert, bei Leistung und Fahrdynamik gab es aber aus unserer Sicht keinen Bedarf für weitere Updates.

BimmerToday.de: Lässt sich schon sagen, wie viele Kunden ihren BMW M4 oder M3 mit dem Competition-Paket bestellen?
Frank van Meel: Das ist je nach Markt sehr unterschiedlich, auf manchen Märkten haben wir einen Anteil von bis zu 80 Prozent für das Competition Paket. Auch im weltweiten Durchschnitt wird mehr als jeder zweite BMW M3 und M4 mit Competition Paket bestellt.

BimmerToday.de: Gibt es hier Unterschiede zwischen den verschiedenen Karosserievarianten?
Frank van Meel: Nein.

BimmerToday.de: Neben dem M4 hat nun auch der BMW M3 ein zweites Facelift erhalten. Wie wichtig ist diese Modellpflege für die Limousine?
Frank van Meel: Wir hatten anfangs ein wenig Angst um den Anteil des M3, weil der M4 einfach einen super Start hingelegt und den M3 zunächst klar in den Schatten gestellt hat. Inzwischen ist der M3 aber stark am Aufholen, sodass wir auf ein relativ ausgeglichenes Niveau zwischen den drei Varianten kommen. Die zweite Modellpflege dürfte dem M3 sicherlich nicht schaden. Für uns ist das eine interessante Beobachtung, denn auch wenn sich der Mix zwischen den Varianten immer ein wenig verändert, bleibt unser Gesamtvolumen relativ konstant.

BimmerToday.de: Gerade aus deutscher und europäischer Sicht wird auch immer wieder die Frage nach einem BMW M3 Touring gestellt, der sicher auch seine Fans und Kunden finden würde. Glauben Sie weiterhin, dass es die richtige Entscheidung war, auf das Angebot einer Kombi-Version zu verzichten?
Frank van Meel: Diese Entscheidung ist und bleibt richtig. Wir haben immer gesagt, dass wir nicht aus jedem Auto einen M machen, weil wir weder uns noch den Markt mit zu vielen Modellen überfordern wollen. Es muss also immer auch ein Segment vorhanden sein, das ausreichend groß ist. Und das ist bei einem M3 Touring einfach nicht der Fall. Das Auto wäre ein reines Europa-Auto, denn weder in Amerika noch in Asien oder im arabischen Raum gibt es einen Markt für solche Autos. Und auch in Europa sehen wir, dass der Markt für High-Performance-Kombis in diesem Segment schrumpft. Ich weiß, dass es da einige Kunden geben würde, aber es sind einfach nicht ausreichend viele. Wir konzentrieren uns also weiterhin auf Limousinen, Coupés und Cabrios.

BimmerToday.de: Hinter uns steht gerade der BMW M760Li xDrive und viele unserer Leser fragen sich, wieso es eigentlich keinen “echten” BMW M7 gibt. Könnten Sie das kurz erläutern?
Frank van Meel: Die Frage ist einfach, wofür die M Performance Automobile stehen und wofür die reinen M-Modelle stehen. Die Lücke zwischen den reinen M-Modellen und den stärksten AG-Modellen war in der Vergangenheit so groß, dass da nicht nur Platz für ein weiteres Modell war, sondern auch die Kunden immer wieder nach einem Modell mit anderer Balance zwischen Alltagstauglichkeit und Motorsport-DNA gefragt haben.
Ein gutes Beispiel dafür ist der M235i, der bereits viel Leistung und Dynamik bietet, aber dabei nicht so konsequent auf Motorsport getrimmt ist wie der M2. Die M-Modelle sind also auf der Rennstrecke für die Rennstrecke entwickelt, während die M Performance-Modelle ebenfalls auf der Rennstrecke, aber nicht in erster Linie für die Rennstrecke entwickelt werden. Wir schließen da eine Lücke für Kunden, die eine gewisse Differenzierung zur Serie und überdurchschnittliche Performance wünschen, aber keinen Wert auf die Rennstrecken-Eignung legen.
Überträgt man diese Ausgangslage auf den 7er, haben wir natürlich mit einem weißen Blatt begonnen: Bisher gab es weder ein M Performance-Modell noch einen M7. Wir haben als ersten Schritt von Anfang an das M Sportpaket angeboten und uns als zweiten Schritt die Frage gestellt, ob wir ein M Performance Automobil oder einen M7 machen. Der Markt für solche Fahrzeuge ist auf jeden Fall vorhanden und wächst zur Zeit auch, aber beim Wörtchen M7 haben wir gezuckt, weil der Name M7 nach unserer Vorstellung ein Track-Auto suggerieren würde.
Und im 7er-Segment wollen zwar viele Kunden Sportlichkeit, aber dabei nicht auf viel Komfort verzichten. Wir bewegen uns schließlich im obersten Luxus-Segment und der 7er ist auch in dieser Hinsicht unser Flaggschiff, weshalb ein M7 in Hinsicht auf Alltagstauglichkeit und Souveränität und Luxus einfach nicht der richtige Ansatz wäre. Das soll natürlich nicht heißen, dass es sich beim M760Li um einen Schwächling handelt. Im Gegenteil, es handelt sich mit 610 PS und 800 Newtonmeter um das stärkste Auto im aktuellen Programm und auch um das schnellste beim Sprint von 0 auf 100. Es ist auch dank des Fahrwerks mit Wankstabilisierung, Hinterachs-Lenkung, adaptiven Dämpfern, Höhenregulierung und heckbetontem xDrive ein superdynamisches Auto, behält aber den von unseren 7er-Kunden erwarteten Komfort bei. Das ist eine einmalige Kombination. Und natürlich kommt immer die Frage, warum wir das Auto nicht einfach BMW M7 nennen, aber hier wollen wir unserer Produktstrategie und uns selbst treu bleiben, denn ein Track-Auto ist der M760Li einfach nicht. Der Kunde in diesem Segment will einfach alles haben, was geht. Also bekommt er einen V12 mit sehr, sehr viel Leistung, aber auch den Komfort und Luxus eines 7ers.

BimmerToday.de: Einige Modelle wie der M760Li, der M550i und der nächste M5 kommen serienmäßig mit Allradantrieb xDrive. Welche Bedeutung spielt der klassische Hinterradantrieb in der Zukunft der M GmbH?
Frank van Meel: Zum neuen M5 möchte ich an dieser Stelle noch nichts sagen, aber wenn wir uns fragen, wofür M steht, dann ist das nicht dogmatisch eine bestimmte Technologie, sondern die Philosophie und der Charakter unserer Autos. Ein M muss fahren wie ein M. Dabei schließen wir nie dogmatisch eine Technologie aus, sondern wir bewerten alle verfügbaren Dinge. Wenn es uns Technologien ermöglichen, wieder einen Schritt weiter zu gehen und trotzdem unseren M Werten treu zu bleiben, dann nehmen wir das natürlich gerne an. Ein Beispiel dafür ist auch die Wassereinspritzung des M4 GTS, wir gucken immer nach weiteren Lösungsansätzen. Heckantrieb wird immer in einem Atemzug mit Driften und einem typischen fahrdynamischen Erlebnis genannt und das ist es auch, wofür M immer stand, derzeit steht und auch immer stehen wird.

BimmerToday.de: Wir haben schon darüber gesprochen, dass manche Baureihen aus Ihrer Sicht nicht für ein reines M-Modell geeignet sind. Gibt es derartige Einschränkungen auch für die M Performance Automobile oder ist eine solche Variante für alle Baureihen denkbar?
Frank van Meel: Für M Performance gilt das gleiche wie bei den M-Modellen. Wir gucken uns alle Baureihen an und schauen, ob man daraus ein M- oder M Performance-Modell machen kann und ob es auch ein ausreichend großes Kundensegment dafür gibt. Wir machen es ja nicht als Mittel zum Zweck, aber weil bei M Performance das Thema Alltagstauglichkeit eine größere Rolle spielt und wir so auch andere Zielgruppen erreichen können, ist hier natürlich etwas mehr möglich als bei den klassischen M-Modellen. Das heißt aber nicht, dass wir aus jeder Baureihe ein entsprechendes Modell anbieten.

BimmerToday.de: Also will man sich auch nicht unbedingt mit den Absatz-Zahlen anderer Anbieter messen, die bezüglich des Portfolios zum Teil deutlich großzügiger unterwegs sind?
Frank van Meel: Jede Firma hat da einfach eine eigene Philosophie und muss selbst entscheiden, wie sie damit umgeht. Unser Ansatz ist aber klar: Wir machen nur solche Autos, hinter denen wir produktstrategisch stehen können und für die es auch einen ausreichend großen Markt gibt.

BimmerToday.de: Und diese Philosophie ist wichtiger als das Thema Verkaufszahlen?
Frank van Meel: Ja. Was aber natürlich nicht heißt, dass der Absatz für uns keine Rolle spielt. Wir hatten im vergangenen Jahr den größten Absatz seit Bestehen der M GmbH, haben allein 37.500 M-Modelle verkauft und uns dabei um neun Prozent gesteigert, obwohl der M5 im letzten Jahr ausgelaufen ist und es bis auf den M2 und den limitierten M4 GTS keine neuen Produkte im Portfolio gab. Hinzu kommen die M Performance Automobile, womit wir in Summe bei knapp 68.000 Einheiten sind und ein neues Rekordjahr geschrieben haben. Und wir sind sehr zuversichtlich, dass wir diese Erfolgsgeschichte auch im Jahr 2017 fortschreiben können.

BimmerToday.de: In Spanien gab es schon vor einigen Monaten einen BMW M4 CS und auch andere Baureihen sollen nach unseren Informationen als CS-Modell kommen. Was dürfen wir in dieser Hinsicht für die Zukunft erwarten?
Frank van Meel: Der spanische M4 CS war eine Markt-eigene Konfiguration, kein Produkt der M GmbH. Das Fahrzeug sah auch toll aus und trug den Namen CS, das hat aber nichts mit den künftigen CS-Modellen zu tun. Dass wir uns die Namensrechte gesichert haben, ist ja bereits vor einiger Zeit bekannt geworden – und über alles weitere in diesem Zusammenhang werden wir zu gegebener Zeit sprechen.

BimmerToday: Herr van Meel, vielen Dank für das informative Gespräch!

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